Neue Order für Einreisebann Donald Trump drückt sich

Donald Trump ist in der Versenkung verschwunden. Nach einem turbulenten Wochenende will er nicht mal für einen neuen Einreisebann vor die Kameras. Er hat gute Gründe, unangenehmen Fragen auszuweichen.

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US-Präsident Donald Trump - sonst gern mitten im Medienrummel - übt Distanz. Quelle: Reuters

San Francisco Bringen wir es hinter uns: Keine Reporter oder Kameras warten im Weißen Haus, als der Präsident am Montag die neue Order für einen Einreisebann unterschreibt. Dabei liebt er die große Show im Oval Office mit schwungvoller Unterschrift, umringt von Bewunderern. Bei der anschließenden Verkündung vor der Presse fehlen Präsident und Vizepräsident Mike Pence auffällig.

Außenminister Rex Tillerson, Justizminister Jeff Sessions und John Kelly vom Heimatschutz fiel die Aufgabe zu, eher lustlos die Details zu verlesen und die sicherheitspolitische Bedeutung der Verordnung zu betonen. Daneben versprachen sie eine faire und angemessene Behandlung aller Einreisenden. Dann verließen sie den Saal, ohne sich den Fragen der Medien zu stellen.

Was für ein Unterschied zur bombastischen Vorstellung des ersten Einreisebanns gegen sieben muslimisch dominierte Länder Ende Januar, der zu Chaos und gerichtlichen Niederlagen für Trump führte. Es scheint ganz so, als ob der US-Präsident die Aufmerksamkeit nicht von seinem neuesten Schlachtfeld ablenken möchte, der angeblichen und bislang durch keinerlei Beweise unterlegten Twitter-Behauptung, Barack Obama habe ihn während des Wahlkampfs abgehört.

Damit sollen die anhaltenden Diskussionen um Russland-Verbindungen seines Wahlkampfteams abgewürgt werden. Russland und die Abhörvorwürfe wären zweifellos zur Sprache gekommen. Weiße-Haus-Sprecher Sean Spicer ahnte ebenfalls, es könnte unangenehm werden. Es gab nur ein Pressebriefing ohne Kameras.

Russland-Probleme, „Obamagate“ und nun die weichgespülte Einreiseverordnung. Die Woche fängt nicht gut an für Trump. Denn was da am Montag in Washington vorgestellt wurde, ist nichts weniger als eine veritable Niederlage für Trump. Den Irak musste er aus der Liste der für 90 Tage gesperrten Staaten herausnehmen. Während irakische Soldaten mit US-Kräften gemeinsam ihr Leben riskieren, um Städte wie Mossul von den ISIS-Terroristen zu befreien, verbot der Präsident eben jenen irakischen Soldaten die Einreise. Die irakische Regierung war kurz davor Einreiseverbote für US-Bürger zu verhängen. Das hätte auch US-Unternehmen Geschäft kosten können. Also sind jetzt nur noch Jemen, Somalia, Iran, Libyen, Sudan und Syrien auf der Liste des Bösen.


„Wiederaufgewärmte Soße“

Ausgeschlossen vom Bann sind jetzt auch Inhaber von „Greencards“, die einen unbegrenzten Aufenthalt in den USA erlauben, und Visa-Besitzer, deren Dokumente vor dem 27. Januar ausgestellt wurden. Damit kommt das Dekret wichtigen Kritikpunkten der US-Gerichte entgegen. Neue Visa werden diese Personen nach Ablauf aber nicht bekommen.
Verschwunden sind auch die Hinweise auf eine bevorzugte Behandlung von nicht-muslimischen Flüchtlingen. Doch wie sich das in der Realität auswirken wird, muss abgewartet werden. Erst kürzlich wurde Mohammed Ali Jr., Sohn der amerikanischen Box-Legende und US-Bürger, bei der Einreise in die USA festgehalten und nach seiner Religionszugehörigkeit befragt. Alle Flüchtlinge sind nun für 120 Tage verbannt, syrische nicht mehr unbegrenzt.

Was ebenfalls wichtig ist: Der Bann tritt erst am 16. März in Kraft. Damit soll den Betroffenen genug Zeit gegeben werden, sich vorzubereiten. Die überhastete sofortige Einführung im Januar hatte zu Chaos auf den Flughäfen geführt, die Grenzbeamten waren nicht vorbereitet. Familien wurden getrennt, Kinder in Handschellen gelegt, Menschen aus nicht betroffenen Ländern abgewiesen. Ausführungsdetails fehlten. Damals hatte Trump die Eile mit einer Gefahr für die USA begründet. Viele böse Menschen würden sich sonst unverzüglich auf den Weg machen. Jetzt ist plötzlich neun Tage Zeitverzug möglich, um alle Behörden ausreichend zu schulen und Details auszuarbeiten.

Trotzdem bleibt Kritik nicht aus. Human Rights Watch nennt die Order „wiederaufgewärmte Soße“, die Amerikas Führungsanspruch in einem wichtigen weltweiten Problem untergrabe. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU, die erfolgreich gegen die erste Anordnung geklagt hatte, merkt an, die neue habe „dieselben fundamentalen Schwachpunkte“.

Jeder öffentliche Auftritt hätte für Trump an diesem Montag nur mit Problemen und unangenehmen Fragen enden können. Der FBI hat nach Medieninformationen am Wochenende vorgeschlagen, erst gar keine Untersuchungen über Trumps Abhörvorwürfe zu starten. Neue Gerüchte sickerten daneben aus dem Weißen Haus durch, Trump sei „ungehalten“ gewesen, weil sich Jeff Sessions aus allen Ermittlungen seines Ministeriums wegen Russland zurückgezogen habe, nachdem er noch betont hatte, das wäre nicht nötig.

Trump scheint zu versuchen, durch Abtauchen das Heft des Handels wieder in die Hand zu bekommen. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.

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