Nord Stream 2 Streit um neue Gas-Pipeline aus Russland in die EU

Die einen hassen sie, die anderen sehnen sie herbei: die Gasleitung Nord-Stream 2 von Russland in die Europäische Union. Doch es gibt massiven Streit um die geplante Erweiterung der Pipeline. Aus gutem Grund.

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Nord Stream 2? Nicht alle sind davon begeistert. Quelle: dpa

Wenn Politiker wie der slowakische Präsident Andrej Kiska auf das Pipeline-Projekt „Nord Stream 2“ zu sprechen kommen, verschlechtert sich ihre Stimmung schlagartig. Die geplante Gasleitung durch die Ostsee ist aus Kiskas Sicht in zweierlei Hinsicht ein problematisches Projekt: Es stehe einerseits „im Widerspruch zum Interesse der EU, die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu verringern“, sagt Kiska.

Andererseits würde die Ukraine mit Nord Stream 2 völlig aus dem russischen Gastransport nach Westeuropa ausgeklammert und könnte damit leichter mit einem Gaslieferstopp der Russen erpresst werden. Das stehe im krassen Widerspruch zum Ziel der EU, der Ukraine zu helfen.

Die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas und Öl

Der Slowake hat damit die Hauptargumente gegen die Leitung auf den Punkt gebracht. Er steht mit seiner Auffassung nicht allein. Die osteuropäischen EU-Mitglieder sind allesamt gegen das Projekt und werden dabei von anderen EU-Mitgliedern unterstützt.

Beim EU-Gipfel Mitte Dezember traten die Gegensätze offen zu Tage. Selbst Donald Tusk fiel es schwer, seine Neutralität als EU-Ratspräsident zu wahren. Der Pole kritisierte, die europäische Energieversorgung werde mit der Pipeline nicht auf eine breitere Basis gestellt. Tusk verwies darauf, dass der russische Energiegigant Gazprom nach Einschätzung der EU-Kommission mit Nord Stream 2 eine dominierende Stellung auf dem deutschen Markt bekäme.

Die Deutschen, wichtigste Befürworter der zusätzlichen Gasleitung, geraten zusehends in die Defensive. Beim Gipfel zog sich Bundeskanzlerin Angela Merkel auf das Argument zurück, die Pipeline sei ein rein wirtschaftliches Projekt privater Investoren.

Wo Gazprom in Deutschland seine Finger im Spiel hat
Des russische Energieversorger Gazprom liefert nicht nur Erdgas in verschiedene Länder, er investiert auch in Erdgastankstellen. So hat das Unternehmen im September 2013 zwölf Erdgastankstellen des bayerischen Energieversorgers FGN in Süddeutschland übernommen. „Mit der Übernahme erweitern wir unser Erdgastankstellennetz in Deutschland und bekräftigen unser Engagement für den umweltschonenden Einsatz von Erdgas als Kraftstoff“, sagte Vyacheslav Krupenkov, Hauptgeschäftsführer der Gazprom Germania GmbH. Mit der Übernahme baute GAZPROM Germania ihr bundesweites Netz von acht auf 23 Erdgastankstellen bis Ende 2013 aus. Quelle: dapd
Auch bei der Verbundnetz Gas AG (VNG) in Leipzig ist Gazprom investiert. Gleiches gilt für die W&G Beteiligungsgesellschaft in Kassel, die ebenfalls im Erdgastransport tätig ist. Gazprom öffnet aber auch für den Sport seinen Geldbeutel. Quelle: dpa
Gazprom spendete der Christoph Metzelder Stiftung 20.000 Euro für sozial-benachteiligte Kinder. Auf Initiative des ehemaligen Fußballnationalspielers engagiert sich das russische Energieunternehmen für das Projekt „Bildungstankstelle“ am Firmenstandort Berlin. Das außerschulische Angebot des Vereins Straßenkinder e.V. fördert sozial schwache Schüler in Marzahn-Hellersdorf mit individueller Lernbetreuung. Die Kooperation zwischen GAZPROM und der Christoph Metzelder Stiftung startete bei der offiziellen Saisoneröffnung des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04. Quelle: Presse
Seit 2007 ist Gazprom einer der Hauptsponsoren des Vereins Schalke 04. Rund 17 Millionen Euro macht der russische Gaskonzern jährlich für den Verein locker. Der hat jetzt eine Einladung in den Kreml angenommen, die angesichts der Ukraine-Krise in der Politik auf Kritik gestoßen sind. "In der momentanen Lage eine Einladung in den Kreml anzunehmen und sich so instrumentalisieren zu lassen, zeugt nicht wirklich von Fingerspitzengefühl", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber der "Bild"-Zeitung . Neben Schalke fördert Gazprom auch Zenit St. Petersburg, Roter Stern Belgrad und den FC Chelsea. Quelle: AP
Ganz aktuell fördert Gazprom die Fotoausstellung des russischen Künstlers Yurgis Zanarevsky im Berliner "Café des Artistes". Quelle: Screenshot
Auch für die Deutsch-Russischen Festtage macht Gazprom Geld locker, statt. "Gazprom Germania unterstützt die Deutsch-Russischen Festtage seit ihren Anfängen als zuverlässiger Partner. Mit unserer Förderung ermöglichen wir allen Besuchern den kostenfreien Besuch des Kulturfestes und viele Begegnungen zwischen Menschen aus Russland und Deutschland", heißt es seitens des Unternehmens. Quelle: AP
Außerdem bezuschusst Gazprom die Deutsch-Russischen Filmtage und die Russische Filmwoche in Berlin. "Wir sorgen dafür, dass das weltberühmte Mariinski-Theater aus St. Peterburg das Berliner Publikum verzaubert", heißt es im Geschäftsbericht. Quelle: Presse

Worum geht es bei der Leitung? Nord Stream 2 soll die bereits bestehende Nord-Stream-Pipeline ergänzen. Nord Stream besteht schon heute aus zwei Strängen. Der erste Strang liefert seit November 2011 Erdgas vom russischen Vyborg durch die Ostsee nach Greifswald.

Der zweite Strang ging im September 2012 in Betrieb. Anteilseigner sind Gazprom, Wintershall, Eon, Gasunie und Engie (früher GDF Suez). Die beiden Stränge der Leitung können jährlich etwa 55 Milliarden Kubikmeter Gas befördern. Die Kapazitäten sind allerdings nicht ausgelastet.


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