Nordkorea-Konflikt Was von den Verbalattacken zu halten ist

Das Regime von Kim Jong-Un könnte bereits zur Atommacht aufgestiegen sein. US-Präsident Donald Trump kündigt „Feuer und Wut“ an. Droht ein Krieg? Wie verhält sich China? Zehn Antworten auf drängende Fragen.

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Soldaten bringen Blumen zu Statuen der verstorbenen Machthaber Kim Il Sung und Kim Jong Il. Quelle: AP

Peking, Tokio US-Präsident Donald Trump hat den gefährlichen Konflikt mit Nordkorea durch seine Drohung mit „Feuer, Wut und ... Macht“ weiter angefacht. Nur Stunden nach seiner beispiellosen Warnung an Machthaber Kim Jong-Un drohte Nordkoreas Militär mit einem Raketenangriff auf die US-Pazifikinsel Guam. Steht die Welt vor einem gewaltsamen Konflikt mit Hundertausenden Toten? Zehn Antworten auf drängende Fragen.

Droht Krieg im Konflikt um Nordkorea?

Die Lage ist ernst. Entgegen aller Warnungen testet Nordkorea Atomwaffen, Mittel- und Langstreckenraketen. US-Präsident Donald Trump hatte mehrfach den Einsatz der US-Streitkräfte angedroht, sollte Pjöngjangs Machthaber Kim Jong-Un nicht einlenken. Doch ein offener Krieg erscheint unwahrscheinlich – noch. Der Preis für die USA wäre schlicht zu hoch. Das Regime dürfte Dutzende Waffen abfeuern können, bevor die US-Streitkräfte die nordkoreanische Armee aufhalten können. Millionen Menschenleben stehen auf dem Spiel.

Wie weit ist das Land in der Entwicklung von Atomwaffen?

Weiter als bislang angenommen – zumindest wenn ein Bericht der Washington Post stimmt, der sich auf eine Analyse des US-Militärgeheimdienstes (DIA) stützt. Demnach hat das Regime einen atomaren Sprengkopf entwickelt, der klein genug für den Einsatz in seinen Interkontinentalraketen ist. Stimmt das, könnte der Staat theoretisch Atomwaffen bis zum US-Festland schicken. Die Washington Post berichtete weiter, dass Nordkorea bis zu 60 Atomwaffen besitzt. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür von US-Seite jedoch nicht.

Wirken die Sanktionen?

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte erst am Wochenende die bisher schärfsten Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Dazu zählen unter anderem Ausfuhrverbote für Kohle, Eisen, Eisenerz, Blei, Bleierz sowie Fisch und Meeresfrüchte. Rund eine Milliarde US-Dollar (rund 840 Millionen Euro) an Exporteinnahmen sollen Nordkorea auf diese Weise entzogen werden. Doch bislang fällt die Bilanz der vielen Sanktionsrunden gegen das Land ernüchternd aus. Das könnte auch daran liegen, dass China die Strafmaßnahmen in der Vergangenheit oft nicht konsequent umgesetzt hat. Und selbst wenn die Bevölkerung hungert, bleibt das Regime um Kim Jong-Un an der Macht. Allerdings ist das Land so weit von der Außenwelt abgeschottet, dass niemand genau sagen kann, wie es um die Machthaber steht.

Warum bändigt China seinen einstigen Verbündeten Nordkorea nicht?

Peking hat Pjöngjang immer wieder zur Zurückhaltung aufgerufen. China will nicht, dass ein Nachbarland Atomwaffen entwickelt. Doch Staatschef Xi Jinping hat noch mehr Sorge vor einem Zusammenbruch des Nachbarlandes. Die Volksrepublik fürchtet Flüchtlingsströme und eine Machtverschiebung. Denn bislang fungiert Nordkorea als Puffer. Bricht der Staat zusammen, könnten künftig US-Soldaten direkt an Chinas Grenze stehen. Und das will Peking vermeiden.

Welches langfristige Ziel verfolgt China?

Die Volksrepublik ist eine Handelsnation. Sie braucht Stabilität, damit ihre Wirtschaft weiter wachsen kann. Mindestens 6,5 Prozent Wirtschaftswachstum hat Premier Li Keqiang für dieses Jahr ausgegeben. Mit hohen Wachstumsraten legitimiert die Kommunistische Partei ihren Führungsanspruch. Ein Konflikt in der Region mit massiven Auswirkungen auf Chinas Außenhandel wäre gefährlich.

Auf welche Seite würde sich China in einem Krieg zwischen den USA und Nordkorea stellen?

Das ist völlig unklar. Die chinesische Zeitung Global Times hatte zwar im April berichtet, dass die Volksbefreiungsarmee 150.000 Soldaten an die nordkoreanische Grenze verlegt habe. Das wurde jedoch nie bestätigt und mögliche Ziele blieben immer unklar. Nordkorea dürfte schon jetzt die Möglichkeit haben, Peking, Seoul oder Tokio anzugreifen. Der Volksrepublik kann nicht daran gelegen sein, das Ziel von Raketenattacken des Nachbarn zu werden. Gleiches gilt jedoch auch für einen Konflikt mit den USA. Vermutlich würde China daher versuchen, sich so weit wie möglich aus einer Konfrontation herauszuhalten.

Wie ernst sind die Drohungen von US-Präsident Donald Trump zu nehmen?

Mit einer martialischen Verbalattacke hat Trump auf Nordkoreas Raketenentwicklung reagiert. Wenn das Regime seine Drohungen gegen die USA fortsetze, würde ihm mit „Feuer, Wut und Macht begegnet, wie die Welt es so noch nicht gesehen hat“. Was das genau heißt, bleibt jedoch unklar. Trump-Beraterin Kellyanne Conway wollte auf Nachfrage von Journalisten nicht sagen, wie die Aussagen genau gemeint waren, und ob sie mit den US-Militärs abgesprochen waren. Nach Aussage des Gouverneurs von Guam hat das Weiße Haus die Bedrohungsstufe für die Insel nicht nach oben korrigiert.

Wie stellt sich Südkorea zu Trump und Kim?

In Südkorea reagieren Bewohner und Börse wie üblich bei globalem Kriegsgeschrei: gelassen. Politisch allerdings drängen die jüngsten Raketentests Südkoreas neuen Präsidenten Moon Jae In auf einen härteren Kurs gegen den Norden. Moon hält zwar sein Angebot aufrecht, Gespräche mit Nordkorea zu starten. Aber er ist dafür, „maximalen Druck“ auf das Regime auszuüben und will nun das US-Raketenabwehrsystem Thaad ausbauen. Dabei steht seine Basis der Stationierung kritisch gegenüber. Experten gehen allerdings davon aus, dass Moon einem amerikanischen Angriff auf Nordkorea niemals zustimmen würde.

Wie reagiert Japan auf die Bedrohung?

Japan hat sich schon vor Jahren eine Raketenabwehr angeschafft. Sie basiert auf Patriot-Raketen und dem hochmodernen Aegis-Radarsystem, dass Japan auf sechs Kriegsschiffen installiert hat. Nur die USA haben mehr Aegis-Schiffe im Einsatz.

Wie verhält sich Japans Regierung?

Während in Südkorea Ruhe herrscht, nutzt Japans Regierungschef Shinzo Abe die neue Aufregung, das Krisengefühl im Lande zu schärfen. Denn er will die pazifistische Verfassung ändern, um die Rolle von Japans Militär zu stärken. Vereinzelt wird an Schulen das Verhalten bei Raketenangriffen geübt. In der Politik wird zudem offener als zuvor darüber diskutiert, ob sich Japan militärisch die Fähigkeit anschaffen und zugestehen soll, im Krisenfall präventiv nordkoreanische Raketenstellungen anzugreifen.

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