Nordkorea-Krise „Eine große Gefahr für den Weltfrieden“

Nordkoreas jüngste Provokation besorgt weltweit die politische Elite. Bundeskanzlerin Merkel und Südkoreas Präsident Moon sprechen sich für die Verschärfung der Sanktionen aus. Die USA richten ihre Kritik auch an China.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt in Berlin Südkoreas Präsident Moon Jae-in. Quelle: AP

Berlin/Seoul/Washington Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich nach dem ersten Test einer Interkontinentalrakete durch Nordkorea für schärfere internationale Sanktionen gegen das Land ausgesprochen. „Wir sehen, dass von Nordkorea eine große Gefahr für den Weltfrieden ausgeht“, sagte Merkel am Mittwoch vor einem Gespräch mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in in Berlin. Nun müsse darüber gesprochen werden, „wie wir hier am besten reagieren, wie wir den Druck aufrechterhalten können, wie wir die Sanktionen auch weiter erhöhen können“. Nordkorea müsse sein völkerrechtswidriges Atom- und Raketenprogramm einstellen.

Deutschland stehe „an der Seite der koreanischen Bevölkerung, wenn es darum geht, klar zu zeigen, dass wir gegen dieses Raketenprogramm, dass wir gegen die atomare Bewaffnung sind und dass wir uns gemeinsam für den Frieden einsetzen“, sagte Merkel.

Sie wollte mit Moon unter anderem den G20-Gipfel am Freitag und Samstag in Hamburg vorbereiten. Auch dort dürfte die Atompolitik der nordkoreanischen Führung unter Machthaber Kim Jong Un ein wichtiges Thema sein.

Moon nannte Pjöngjangs jüngsten Raketentest eine große weltweite Bedrohung und Provokation. Nun müssten weitere Sanktionsmöglichkeiten ausgearbeitet werden. Bei der friedlichen Lösung des Konflikts setze er auf die persönliche Unterstützung durch Merkel.

Nordkorea hatte am Dienstag - dem amerikanischen Unabhängigkeitstag - erstmals eine Interkontinentalrakete getestet. Die Streitkräfte der USA und Südkoreas hielten als Warnung an Machthaber Kim Jong Un am Mittwoch eine gemeinsame Raketenübung ab.

Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York kündigte US-Botschafterin Nikki Haley zudem eine Resolution mit „schärferen internationalen Antworten“ an. Auch Außenminister Rex Tillerson kündigte „härtere Maßnahmen“ gegen Pjöngjang an und bezog sich damit offensichtlich auf neue Sanktionen. US-Präsident Donald Trump kritisierte unterdessen China.

Die Führung in Nordkorea drohte den USA mit weiteren Waffentests. Man werde niemals auf Atomwaffen verzichten, sagte Machthaber Kim Jong Un. Das Land hatte am Dienstag erstmals eine Interkontinentalrakete (ICBM) getestet, was als weitere Verschärfung der Krise gewertet wurde.

Der Streit um Pjöngjangs Atomprogramm gilt als einer der gefährlichsten Konflikte der Welt. In den vergangenen Wochen und Monaten hat sich die Lage auf der koreanischen Halbinsel immer mehr zugespitzt. Das weithin isolierte Land arbeitet seit Jahren an der Entwicklung von Langstreckenraketen, die auch die USA erreichen können. Als Interkontinentalraketen gelten Raketen mit einer Reichweite von mehr als 5500 Kilometern.

US-Außenminister Tillerson erklärte, der Test Nordkoreas stelle „eine neue Eskalation der Bedrohung für die Vereinigten Staaten, unsere Verbündeten und Partner, die Region und die Welt dar“. US-Botschafterin Haley erklärte vor dem UN-Sicherheitsrat, ihr Land sei bereit, in dem Konflikt die „volle Bandbreite“ der Möglichkeiten zu nutzen. Das schließe das Militär mit ein. „Wir ziehen es aber vor, nicht in diese Richtung zu gehen.“ Russland und China sprachen sich vor dem UN-Sicherheitsrat allerdings gegen neue Sanktionen und für weitere diplomatische Gespräche zur Lösung der Krise aus.

US-Präsident Trump äußerte sich frustriert über Chinas Handelsbeziehungen zu Nordkorea. „Der Handel zwischen China und Nordkorea ist im ersten Quartal um fast 40 Prozent gewachsen. So viel dazu, dass China mit uns zusammenarbeitet - aber wir mussten es auf einen Versuch ankommen lassen!“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Der Republikaner setzte in der Krise zuletzt verstärkt auf diplomatischen Druck aus Peking. Die USA gehen davon aus, dass die Regierung von Präsident Xi Jinping großen Einfluss auf Nordkorea hat, auch weil rund 80 Prozent des nordkoreanischen Außenhandels über China laufen.

Nordkorea bezeichnete den Raketentest als „Geschenkpaket“ für die USA zu ihrem Unabhängigkeitstag. Kim habe seine Wissenschaftler aufgerufen, „regelmäßig große und kleine Geschenkpakete an die Yankees“ zu schicken, berichteten die staatlichen Medien. Das „langwierige Kräftemessen mit den US-Imperialisten“ habe seine „Endphase“ erreicht. Die ICBM könne einen „großen und schweren Atomsprengkopf“ befördern und die USA erreichen.

Das US-Verteidigungsministerium bezweifelte allerdings, dass Nordkorea bereits dazu in der Lage ist, die Rakete mit einem Atomsprengkopf auszustatten. Pentagon-Sprecher Jeff Davis verwies darauf, dass Nordkoreas Fähigkeiten nach wie vor begrenzt seien. Dazu zähle auch, dass das Land erst noch unter Beweis stellen müsse, dass es die Rakete mit einem Atomsprengkopf ausrüsten könne.

Südkoreas Verteidigungsminister Han Min Koo erklärte, das Nachbarland habe bei der Verkleinerung von Sprengköpfen für Raketen Fortschritte erzielt. Er warnte, die Möglichkeit, dass Nordkorea einen weiteren Atomtest unternehme, sei hoch. Er verurteilte den Test als „klaren Verstoß“ gegen UN-Resolutionen, die Nordkorea Tests von ballistischen Raketen untersagen.

Nach Darstellung Nordkoreas handelte es sich bei der ICMB um eine Hwasong-14. Pentagon-Sprecher Davis sagte, es habe sich um einen Raketentyp gehandelt, den man zuvor noch nicht gesehen habe. Südkoreas Regierung sprach davon, dass diese vermutlich bei einer normalen Flugbahn eine Reichweite von 7000 bis 8000 Kilometern erreicht habe. Anchorage in Alaska ist 6000 Kilometer von Pjöngjang entfernt, Berlin knapp 8000 Kilometer.

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