Nordkoreaner in Polen Schuften für Kims Diktatur

Die Weltgemeinschaft versucht Nordkorea den Geldhahn zuzudrehen. Doch in der EU werden Arbeiter aus Kims Reich beschäftigt, die Devisen für sein Regime erwirtschaften. Die meisten von ihnen arbeiten in Polen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Laut EU-Diplomaten gibt es Überlegungen, Nordkoreaner auszuweisen, die noch über eine gültige Arbeitserlaubnis verfügen. Für Machthaber Kim Jong Un sind sie eine Devisenquelle. Quelle: dpa

Warschau Mit einem Heer von Leiharbeitern versorgt sich das international weitgehend geächtete Nordkorea mit dringend benötigten Devisen. Nach Angaben der amerikanischen UN-Vertretung arbeiten 100.000 Nordkoreaner im Ausland und bringen dem Regime jährlich eine halbe Milliarde Dollar ein - auch mit Arbeitsaufträgen in Europa.

Als vor einer Woche der UN-Sicherheitsrat im Streit um das Raketen- und Atomwaffenprogramm neue Sanktionen gegen Nordkorea beschloss, kam auch das Thema der nordkoreanischen Leiharbeiter auf den Tisch: UN-Resolution 2375, die daraufhin verabschiedet wurde, sieht unter anderem vor, dass Mitgliedsstaaten keine neuen Arbeitserlaubnisse mehr an Nordkoreaner herausgeben dürfen.

Auch in der EU wird das Thema nun diskutiert: Zurzeit werden Maßnahmen erarbeitet, die den UN-Beschluss in dieser Frage ergänzen könnten. Laut EU-Diplomaten gibt es sogar Überlegungen, Nordkoreaner auszuweisen, die noch über eine gültige Arbeitserlaubnis verfügen.

Auch in der EU arbeiten Nordkoreaner und erwirtschaften so jährlich Hunderttausende Euro für die Kasse des Diktators Kim Jong Un, der mit seinen Raketen- und Atombombentests die Welt in Schrecken versetzt. Laut Eurostat hatten im Jahr 2016 in der EU 625 Nordkoreaner eine gültige Arbeitserlaubnis, 534 davon in Polen. Das Land beschäftigt also die meisten Leiharbeiter aus Kims Reich. Und alleine im ersten Halbjahr 2017 wurden nach Statistiken des Arbeitsministeriums 188 neue Arbeitsgenehmigungen ausgegeben.

Die Gastarbeiter schuften auf Werften, Baustellen oder in Gewächshäusern - völlig legal. Im schicken Warschauer Stadtteil Wilanów etwa waren Nordkoreaner am Bau des Neubaukomplexes „Oaza Wilanów“ beteiligt. Polnische Medien berichteten, die sozialdemokratische Partei „Razem“ („Zusammen“) habe im April 2016 einen Protest vor der „Oase“ organisiert. Auf den Transparenten war zu lesen: „Hier wird Kim Jong Un unterstützt“ oder „Sklaven bauen dein Haus!“.

Auch der Bericht „Nordkoreanische Zwangsarbeit in der EU, der Fall Polen“ von Juli 2016, den der niederländische Koreanistik-Professor Remco Breuker von der Universität Leiden herausgegeben hat, spricht von Sklaverei. Nach dieser Untersuchung arbeiten die Nordkoreaner etwa 12 Stunden täglich, sechs Tage in der Woche. Ihr Lohn gehe direkt an den Manager oder Übersetzer der Gruppe - einen Parteifunktionär.

Zwischen 1998 und 2007 arbeiteten auch in Tschechien zeitweise mehr als 300 Nordkoreaner in der Kleidungsindustrie und in Großbäckereien. 2007 beendete die tschechische Regierung das Visumprogramm, nachdem Medien berichtet hatten, dass ein Teil der Löhne der Arbeiter zur Finanzierung des nordkoreanischen Rüstungsprogramms missbraucht werde.

Kim T'aesan, der von 2000 bis 2002 für 150 Arbeiter in Tschechien verantwortlich war und heute in Südkorea lebt, berichtet: „Die Arbeiter betrachten es als selbstverständlich, dass ihr gesamtes Gehalt während ihrer Arbeit im Ausland an das Nordkoreanische Regime geht.“ Nur einen Bruchteil des Lohnes würden sie selbst erhalten, in seinem Beispiel 30 Dollar monatlich.

Das Prinzip gilt anscheinend auch für Polen. Das bestätigen zumindest Recherchen der südkoreanischen Nichtregierungsorganisation Datenzentrum für Menschenrechte in Nordkorea (Database Center for North Korean Human Rights) aus dem Jahr 2016. An dem Geschäft beteiligt sind ein nordkoreanisches Staatsunternehmen - das die Arbeiter versendet - und eine Agentur auf polnischer Seite, die die Arbeiter an polnische Firmen vermittelt und dafür eine Provision erhält.

Doch viel Gelegenheit das Geld auszugeben, haben die koreanischen Arbeiter ohnehin nicht. An ihrem erste Arbeitstag müssten sie ihren Pass abgeben, berichtet ein in Polen eingesetzter Leiharbeiter. Sie haben praktisch keinen Kontakt mit der Außenwelt, Gespräche mit Ausländern sind ihnen untersagt und sie werden selbst im Ausland von Aufpassern der Partei überwacht.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%