Odebrechts explosive Kronzeugenaussagen Korruptionsaffäre erfasst ganz Lateinamerika

Der Bau- und Chemiekonzern Odebrecht hat gestanden, über eine Milliarde Dollar Schmiergeldzahlungen an Beamte und Politiker in zwölf Staaten gezahlt zu haben. Jetzt zittert die Politikerkaste in ganz Lateinamerika.

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Die zu den Medien durchgesickerten Informationen zum Odebrecht-Skandal haben bereits in einzelnen Ländern schwere politische Krisen ausgelöst. Quelle: Reuters

Salvador Die Korruptionsaffäre des brasilianischen Konzerns Odebrecht lässt Lateinamerikas Politikerkaste erzittern. In den nächsten Monaten dürften sich Dutzende von ehemaligen und amtierenden Präsidenten sowie Minister in ganz Lateinamerika auf der Anklagebank wiederfinden. Einige von ihnen könnten dann auch für länger im Gefängnis landen. Denn der Bau- und Chemiekonzern hat nicht nur in Brasilien bestochen.

In mindestens zwölf anderen Ländern soll der Konzern umgerechnet 439 Millionen Dollar verteilt haben, um an die Aufträge für U-Bahnlinien, Kraftwerke, Autobahnen und Brücken zu kommen. Das belegen die Kronzeugenaussagen von 77 Managern des Konzerns, deren Details jetzt an die Öffentlichkeit kommen. Das Oberste Gericht Brasiliens hatte die Aussagen letzte Woche zum Prozess zugelassen, aber nicht veröffentlicht.

Die zu den Medien durchgesickerten Informationen haben jetzt bereits in einzelnen Ländern schwere politische Krisen ausgelöst. In Peru droht drei Ex-Präsidenten die Anklage. Auch für Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos in Kolumbien könnte es das politische Aus bedeuten. Er soll eine Million Dollar für seinen Wahlkampf angenommen haben.

Im Dezember hatte Odebrecht zugesagt, eine Rekordstrafe in Höhe von 3,5 Milliarden Dollar zu zahlen. De Konzern hat zugegeben, eine Milliarde Dollar an Beamte und Politiker in zwölf Ländern bezahlt zu haben, etwa 600 Millionen Dollar davon in Brasilien. Die Ermittler schätzen, dass sich Odebrecht damit Vorteile im Wert von 3,6 Milliarden Dollar verschafft hat.

Bisher haben die Konzernmanager  Schmiergeldzahlungen in zwölf Staaten zugegeben: darunter auch in Argentinien, Ecuador, Guatemala, Mexiko, Panama und Venezuela in Lateinamerika sowie in Angola und Mosambik. Besonders brisant sind die bisher bekannten Verwicklungen auch in Staaten, die von linken Präsidenten regiert wurden oder werden: Die Regierung der Präsidentin Cristina Kirchner soll 35 Millionen Dollar erhalten haben. An die venezolanische Regierung unter dem Sozialisten Hugo Chávez sollen fast 100 Millionen Dollar geflossen sein – für Aufträge im Gegenwert von 16 Milliarden Dollar.

Venezuela ist das Land nach Brasilien, in dem die meisten Schmiergelder bezahlt worden sein sollen. Der von der Opposition kontrollierte Kongress in Caracas hat jetzt eine Untersuchung des Falles Odebrecht eingeleitet. Weil jedoch die Justiz von der Regierung des Chávez-Nachfolgers Nicolas Maduro kontrolliert wird, sind kaum Ermittlungen oder Urteile zu erwarten.

Die Veröffentlichung der Aussage des ehemaligen Odebrecht-Direktors für internationale Angelegenheiten wird mit Spannung erwartet. Denn bisher ist Kuba nicht im Schmiergeldskandal aufgetaucht. Odebrecht hat dort den Überseehafen Mariel gebaut sowie eine Ethanol-Raffinerie. In den Medien wird bereits darüber spekuliert, ob die Castro-Brüder ebenfalls Gelder von Odebrecht angenommen haben.

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