Illoyal wird Hassett auch tatsächlich nicht sein – aber sehr wohl kritisch. So wirbt der Volkswirt etwa seit Jahren für mehr Einwanderung. „Amerika braucht Arbeitskräfte“ lautete der Titel eines Gastbeitrags, den er 2013 für die Fachzeitschrift „National Review“ schrieb. Darin rechnete er vor, dass in den USA die Anzahl der Einwanderer pro Einwohner niedriger sei als in Australien, Deutschland oder Kanada. Das könne sich Amerika nicht erlauben.
Um Wachstumskräfte zu entfesseln, solle die Regierung um zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland werben. „Wenn die USA doppelt so viele Einwanderer wie bisher aufnehmen, könnte das Bruttoinlandsprodukt um 0,5 Prozent zulegen“, so Hassett. Es ist unklar, wie Trump, der einen Einreisestopp für Bürger aus bestimmten muslimischen Ländern anstrebt, damit umgeht.
Gleiches gilt für Hassetts Ansichten zum Freihandel. „Kevin tritt für den freien Warenverkehr und offene Grenzen ein – wie fast jeder Ökonom“, sagt Hubbard. Das sind gute Nachrichten für Europa, Mexiko und China, die von Trump hart angegangen wurden. Der Präsident hat mehrfach mit Strafzöllen und Abschottung gedroht – Schlagwörter, mit denen Hassett nichts anfangen kann. Insbesondere die Beziehungen zu China seien immens wichtig, findet der Ökonom.
Ein Handelskrieg mit den Chinesen könnte die Weltwirtschaft in eine Abwärtsspirale bewegen und für Verhältnisse „wie zuletzt in den Dreißigerjahren“ sorgen. Deutlicher kann man Trump und Navarro nicht widersprechen.
Doch wird Hassett dies auch in seiner neuen Funktion tun? Sein CEA-Vorgänger Hubbard zumindest ist davon überzeugt. „Hassett wird dem Präsidenten den bestmöglichen wirtschaftlichen Rat geben – ohne Rücksicht auf Animositäten im Weißen Haus.“
Als Leiter des CEA – ein Dreierteam, flankiert von zahlreichen Forschern – ist es unter anderem Hassetts Aufgabe, Wirtschaftsberichte zu erstellen, den Arbeitsmarkt zu analysieren, aber auch die Auswirkungen von geplanten Initiativen des Präsidenten zu berechnen. Den Status eines Kabinettsmitglieds wird der 55-Jährige anders als seine Vorgänger zwar nicht bekommen. Das sei aber nicht tragisch, findet Hubbard. „Als einer der wenigen ausgewiesenen Ökonomen in Trumps Beraterteam wird sein Wort so oder so Gewicht haben.“
Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet
Am 20. Januar soll Donald Trump sein Amt als 45. Präsident der USA antreten. Das sind die damit verbundenen Hoffnungen, Erwartungen und Sorgen wichtiger Länder und Gemeinschaften.
Quelle: dpa
Eine enge Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel und den islamistischen Terrorismus, ein gemeinsamer Kurs in der Sanktionspolitik gegenüber Russland sowie eine Fortsetzung der Verhandlungen über das Handelsabkommen TTIP: Was sich die Europäische Union vom neuen US-Präsidenten erhofft, bekam Trump bereits kurz nach seiner Wahl in einem Brief aus Brüssel übermittelt. Nicht offen wird dagegen über die Sorgen gesprochen. Hinter vorgehaltener Hand befürchten EU-Spitzenpolitiker, dass die Erwartungen Europas den neuen US-Präsidenten nicht wirklich interessieren. Folge könnte eine deutliche Verschlechterung der transatlantischen Beziehungen sein.
Das Verhältnis zwischen Moskau und Washington ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb hofft Russland, dass Trump sein Versprechen wahr macht und die Beziehungen wieder verbessert. Die Zeichen stehen auf ein Treffen Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kurz nach Amtsantritt. Weil der Republikaner das Engagement der USA im Rest der Welt verringern will, geht Russland davon aus, mehr Spielraum zu bekommen. Trump sieht Nato und EU kritisch, er will den islamistischen Terror stärker bekämpfen - beides passt zur Moskauer Position. Allerdings haben die Russland zugeschriebenen Hackerangriffe massiv den Verdacht geschürt, dass Moskau sich in US-Politik einmischen könnte. Trump und Putin müssen bei jeder Annäherung mit großem öffentlichem Misstrauen rechnen.
Die Mexikaner machen sich für die Ära Trump auf das Schlimmste gefasst. Der künftige US-Präsident hatte die Nachbarn im Süden mehrfach als Drogenhändler und Vergewaltiger diffamiert. Um die illegale Einreise von Migranten zu verhindern, will Trump eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten. Außerdem hat er angekündigt, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) neu zu verhandeln oder sogar aufzukündigen. Die mexikanische Wirtschaft hängt stark vom Handel mit den USA ab. Der Autokonzern Ford beerdigte bereits Investitionspläne in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar in Mexiko - offenbar aus Angst vor Trump. US-Unternehmen, die billig im Nachbarland produzieren, hatte er mit hohen Strafzöllen gedroht.
Den ohnehin schwierigen Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften drohen unter Trump schwere Spannungen, die auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen könnten. Der neue US-Präsident holte China-Kritiker in sein Team, die eine härtere Gangart gegen Peking erwarten lassen. Die kommunistische Führung fürchtet eine Neuausrichtung der US-Beziehungen zu Taiwan, das Peking nur als abtrünnige Provinz behandelt. Mit einer Eskalation wird auch im Handel gerechnet, falls Trump seine Drohung mit Strafzöllen wahr machen sollte. Das Verhältnis wird zudem dadurch bestimmt, wie beide mit den Inselstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer umgehen.
Für den Iran ist es in erster Linie wichtig, was aus dem Atomabkommen wird. Obwohl auch die USA den Deal von 2015 mit ratifiziert hatten, drohte Trump bereits mehrmals mit einem Ausstieg. Präsident Hassan Ruhani bezeichnete das multilaterale Abkommen als unantastbar. Auch eine Nachverhandlung kommt für Teheran nicht infrage. Falls Trump sich nicht an den Deal halten sollte, werde auch Teheran angemessen reagieren, warnte Ruhani. Andererseits hofft der Iran auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der neuen US-Regierung und Moskau. Als enger Verbündeter Russlands könnte davon auch Teheran, besonders im Syrien-Konflikt, außenpolitisch profitieren.
Israel zählt schon die Tage bis zum Amtsantritt von Trump. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erwartet nach dem eher schwierigen Verhältnis zu Präsident Barack Obama ein Umschwenken in der Israelpolitik der USA. Dazu gehört der Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Trump kündigte mehrfach an, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Beim Ausbau der Siedlungen im Westjordanland hoffen die ultrarechten Kräfte in der Regierung auf mehr Bewegungsfreiheit, nachdem die USA zuletzt eine siedlungskritische UN-Resolution passieren ließen. Einige fordern, das Westjordanland zumindest teilweise zu annektieren.
Eine seiner ersten Aufgaben dürfte es sein, die Auswirkungen der von Trump geplanten Steuerreform zu berechnen; ein Heimspiel für den Konservativen. Seit Jahren prägt er die amerikanische Steuerdebatte mit seinen Positionspapieren und Stellungnahmen. Und klingt zumindest bei diesem Thema ganz nach Trump. „Es ist aberwitzig, dass die USA einen höheren Körperschaftsteuersatz haben als selbst die ,sozialistischen‘ Länder Europas“, ätzt Hassett.
Die „nicht wettbewerbsfähige Unternehmenssteuer“ sei der Hauptgrund für die Kapitalflucht aus den USA. Der Ökonom schlägt vor, die US-Konzerne massiv zu entlasten, damit sie nicht ins Ausland abwandern. Folglich dürfte Donald Trump bei seinen Plänen, die Unternehmenssteuer von 35 auf 15 Prozent zu senken, in Hassett einen treuen Mitstreiter finden.