Österreich und die Maut Das digitale „Pickerl“

Die österreichische Regierung in Wien führt ab Dezember eine papierlose Vignette ein. Der Verkehrsminister kämpft zugleich gegen die deutschen Mautpläne für Autobahnen und appelliert an den Bundesrat.

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Ausländische und österreichische Autofahrer müssen künftig nach Abschluss ihrer Vignette für die Autobahnen der Alpenrepublik nicht mehr kratzen und wischen. Quelle: dpa

Wien Ausländische und österreichische Autofahrer müssen künftig nach Ablauf ihrer Vignette für die Autobahnen der Alpenrepublik nicht mehr kratzen und wischen. Ab 1. Dezember führt Österreich für das Jahr 2018 die digitale Vignette ein. Die digitale Maut kann ab November online bestellt werden. Ab Mitte kommenden Jahres wird sie zudem an Tankstellen und Automobilklubs erhältlich sein. Eine entsprechende Novellierung des Mautgesetzes hat die rot-schwarze Bundesregierung in Wien beschlossen. Bereits Mitte Mai soll dann der Bundesrat zustimmen.

Bei Kauf des digitalen „Pickerls“ für die österreichischen Autobahnen wird das Kennzeichen des Autos registriert. „Mit der digitalen Vignette schaffen wir eine bequeme und zeitgemäße Alternative zur Klebevignette. Autofahrerinnen und Autofahrer können die Vignette dann online bequem von zu Hause aus kaufen, und das zum selben Preis wie das klassische Autobahnpickerl“, sagte Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ).

Der Widerstand gegen die Einführung einer Maut in Deutschland ist in Österreich unterdessen besonders groß. Die Wiener Regierung versucht auf EU-Ebene die Pläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zu kippen. Der österreichische Verkehrsminister Leichtfried hat eine Allianz der Anwohnerstaaten geschmiedet, die gemeinsam gegen die deutschen Mautpläne vorgeht. „Die deutsche Maut ist völlig sinnlos. Sie kostet mehr als sie bringt, belastet einseitig EU-Ausländer und stellt innenpolitische CSU-Erfolge über das gemeinsame Europa“,  sagte Karoline Graswander-Hainz, die Verkehrssprecherin der SPÖ-Europaabgeordneten, in Wien. Doch die Front in Österreich bröckelt. Zuletzt hat der österreichische Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) Verständnis für die deutschen Pläne geäußert und sich damit in seinem Heimatland viel Kritik eingefangen. „Ich appelliere an den Vizekanzler, die vielen österreichischen Autofahrer in den Grenzregionen nicht zu vergessen, die durch die deutschen Mautpläne stark belastet werden“, sagte Graswander-Hainz.

Unterdessen hat der österreichische Verkehrsminister Leichtfried an den deutschen Bundesrat appelliert, die Gesetzesvorlage von Dobrindt am Freitag im Bundesrat abzulehnen.  „Die Abgeordneten im Bundesrat müssen jetzt die Reißleine ziehen und die diskriminierende Ausländer-Maut zu Fall bringen“, sagte Leichtfried. Eine Ablehnung durch den Bundesrat sei „die letzte Chance, das Problem in Deutschland zu lösen“. Die Länderkammer entscheidet am kommenden Freitag über das Thema.

Die Österreicher hoffen auf die Uneinigkeit der Länder. So hatte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) die Bundesländer am Mittwoch dazu aufgerufen, das Maut-Gesetz im Bundesrat auszubremsen und den Vermittlungsausschuss anzurufen. „Es sind zu viele Fragen unklar, die die Bundesregierung zunächst beantworten muss. Wir dürfen nicht nach dem Motto ,Augen zu und durch' zustimmen“, sagte Lies der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Österreich prüft darüber hinaus eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. „Aus unserer Sicht ist die deutsche Maut rechtswidrig. Wir halten uns alle rechtlichen Optionen offen. Das kann auch bedeuten, dass wir klagen“, sagte Leichtfried. Das Verkehrsministerium in Wien hat bereits ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.

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