Ostasiengeschäft Deutsche Wirtschaft klagt über Hürden in China

Der deutsche Botschafter in Peking - und nicht nur der - appelliert an Peking. Die chinesische Regierung solle durch verlässliche Regeln für faire Wettbewerbsbedingungen ausländischer Unternehmen sorgen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Wie sich Chinas schwächelnde Konjunktur auf den deutschen Mittelstand auswirkt. Quelle: dpa, Montage

Zwei Banker, die sich die Gewinne zuwerfen. Und darunter in einer Senke ein deutscher Unternehmer, der nicht mitspielen darf. So ist der Text des deutschen Botschafters in Peking Michael Clauss bebildert, den er vor kurzem in der Hongkonger "South China Morning Post" veröffentlicht hat. In der Ankündigung heißt es, der Botschafter „appelliere an Peking“, seine Wirtschaftspolitik zu ändern.

Unternehmen in China haben turbulente zwölf Monate hinter sich. Die Kursstürze im vergangenen Sommer, Absatzeinbrüche in vielen Branchen, das abnehmende Wirtschaftswachstum, lediglich geschönt durch Peking. Doch obwohl die Wirtschaft seit 25 Jahren nicht mehr so langsam gewachsen ist wie im vergangenen Jahr, geht es deutschen Unternehmen immer noch vergleichsweise gut. 

In einer Studie der Außenhandelskammer unter 3.400 ihrer Mitglieder rechneten knapp drei Viertel der Unternehmen mit stagnierenden oder schlechten Entwicklungen in der Konjunktur weltweit. Vor allem Russland und Brasilien, aber auch China werden als Krisenherde genannt. Die in China befragten Mitglieder zeigen sich aber zuversichtlicher und glauben, dass sich ihre Geschäfte besser entwickeln werden als die allgemein Konjunktur des Landes. Die Hälfte der befragten Unternehmen sieht weiterhin den enormen Absatzmarkt als eine große Chance. Über ein Drittel hält die Technologie-Investitionen chinesischer Unternehmen für eine positive Entwicklung. Dadurch könnten in Zukunft mehr hochwertige Produkte und Maschinen an chinesische Kunden abgesetzt werden, heißt es in der Studie.

90 Prozent der befragten Firmen bewerten die Auswirkungen des im März vom chinesischen Parlament beschlossenen 13. Fünfjahresplans auf die eigenen Geschäftstätigkeiten als neutral oder positiv. Peking bemühe sich auch um Reformen, die den Transformationsprozess des Landes vorantreiben sollen. Die Unternehmen glauben, dass „eine weitere Öffnung, die Ausweitung der Rolle der Marktkräfte sowie einen leichteren Marktzugang für Privatunternehmen zu bestimmten Wirtschaftsbereichen“ ihr Marktpotenzial verbessern würden. Und dass diese Reformen sehr bald kommen müssten. 

Das fordert auch Michael Clauss in seinem Artikel in der "South China Morning Post". Deutsche Unternehmen hätten in China vom ersten Tag an investiert und Risiken auf sich genommen, sagt der Diplomat. Heute seien 6.000 Unternehmen mit Investitionen von 60 Milliarden US-Dollar in China aktiv. Doch trotz der hohen Aktivität in dem Land würde den Unternehmen nach wie vor ein verlässliches Regelwerk fehlen, das einen fairen Wettbewerb möglich mache.

Handelsbarriere chinesisches Internet

Das ist laut Clauss zwar kein neues Problem. Seit 30 Jahren seien diese Defizite ein Thema zwischen Deutschland, anderen Staaten und China: „Bisher haben sich Dinge aber immer in die richtige Richtung bewegt: hin zu einem offenen China“, so Clauss. Das würde auf politischer Ebene zwar immer noch aus Peking versichert, die Realität sähe aber anders aus. Und während chinesische Unternehmen immer häufiger im Ausland investieren, um das Land zu einem Hightech-Standort im 21. Jahrhundert zu machen, werde deutschen Unternehmen dieses Recht in China verwehrt, beschwert sich der Diplomat.

Dabei spielt er einerseits auf die Serien von Übernahmen an, die chinesische Unternehmen in den vergangenen Monaten angekündigt haben: Etwa des Spezialmaschinenbauers KraussMaffei, des Müllverbrennungsunternehmens Energy from Waste, des Schweizer Agrakonzerns Syngenta oder auch jüngst die Ankündigung des chinesischen Haushaltsgeräteherstellers Midea, beim deutschen Roboterhersteller Kuka einzusteigen. Auf der anderen Seite nennt er aber auch das Beispiel Hugo Boss, dessen Marke in China trotz Schutzrechte unrechtmäßig von der Konkurrenz genutzt wird – und ungeachtet der Proteste des Unternehmens aus Metzingen.

Auch die Europäische Handelskammer Südwest China beobachtet ähnliche Probleme. In einem kürzlich herausgebrachten Positionspapier fordern die EU-Cheflobbyisten Unzulänglichkeiten und Begrenzungen in den Regulierungen für ausländische Firmen zu beheben. Robin Niethammer, Vorsitzender der Kammer in Chongqing kritisiert in dem Bericht neben Umweltproblemen und Infrastrukturdefiziten vor allem die Internetzensur, die vielen Unternehmen die Arbeit in China extrem erschwere.

Soziale Plattformen wie Facebook und Twitter, aber auch die Suchmaschine Google und einige E-Maildienste sind gesperrt. Zudem sind die meisten Seiten, die sich außerhalb des so genannten „chinesischen Intranets“ befinden, vergleichsweise langsam. Das behindert die Kommunikation mit den Mutterhäusern, aber auch mit Kunden und Zulieferern. Nicht ohne Grund haben die amerikanischen Behörden in Washington die Zensur des chinesischen Internets Anfang des Jahres zu einer Handelsbarriere erklärt.

Dazu kommt ein neues chinesisches Gesetz, das genau diejenigen unter Druck setzt, die sich kritisch mit diesen Themen beschäftigen: NGOs, also Nichtregierungsorganisationen. Auch deutsche NGOs sind von dem Gesetz betroffen. Die Polizei kann nun leichter Mitarbeiter zu Verhören vorladen, Unterlagen und Ausrüstung der NGOs beschlagnahmen sowie Organisationen komplett verbieten, wenn diese "Gerüchte verbreiten, Verleumdungen oder anderen Äußerungen, die die nationale Sicherheit Chinas gefährden".

Organisationen wie die Außenhandelskammer in Shanghai prüfen jetzt, inwiefern sie selbst oder Partner betroffen sind. Die Handelskammer ist ein wichtiger Ansprechpartner für viele Unternehmen in China. Sie hat zahlreiche Standorte und leistet nicht nur Lobbyarbeit für deutsche Unternehmen, sie hilft ihnen auch unter anderem beim Aufbau von Ausbildungseinrichtungen für ihre Lehrkräfte.

Clauss berichtet, dass ihm immer mehr deutsche Unternehmen davon berichten, dass sie für Betriebs-Lizenzen Zugang zu ihrer Technologie garantieren müssten. „Sie bekommen nur Marktzugang, wenn sie ihre Schatztruhe freigeben: ihre Technologie“. Hugo Boss, schreibt er, sei nur die Spitze des Eisbergs.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%