Das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) hat die Namen aller in den sogenannten „Panama Papers“ aufgeführten Personen und Firmen im Internet veröffentlicht. Eine durchsuchbare Datenbank ging am Montagabend online, teilte das Konsortium mit.
Veröffentlicht wurden die Grunddaten von rund 200.000 Firmen, Treuhändergesellschaften und Stiftungen in 21 Rechtssystemen. Deren Bankkonten, Telefonnummern und E-Mails wurden aber weggelassen. „Es ist wahrscheinlich die größte Datenbank über geheime Offshore-Firmen und die Hintermänner, die je veröffentlicht wurde“, teilte das ICIJ mit.
Das Datenmaterial war zunächst der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt worden, die zur Aufarbeitung das Konsortium hinzuzog. Es stammt von der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama, die erklärt hatte, jemand sei in ihr Computersystem eingedrungen.
Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen
Der "Süddeutschen Zeitung" sind nach eigenen Angaben umfassende Daten über Briefkastenfirmen zahlreicher Politiker zugespielt worden. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei aus Panama gegründet worden seien. Die Dokumente würden ein detailliertes Bild darüber abgeben, wie diese Firma "Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt". Es gebe Unterlagen über mutmaßliche Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs sowie Spuren zu Dutzenden weiteren Spitzenpolitikern, ihren Familien, engsten Beratern und Freunden. Zudem fänden sich fast 130 weitere Politiker aus aller Welt unter den Kunden der Kanzlei, darunter viele Minister. Zur Überblicksseite: www.panamapapers.de
Quelle: dpa/reuters
Die Unterlagen sollen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften umfassen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln. Der Datensatz wurde der „Süddeutschen Zeitung“ von einer anonymen Quelle zugespielt. Die „Süddeutsche Zeitung“ teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt. Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen den Datenschatz aus rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um „ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte“.
Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Die Kanzlei ist demnach in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig.
Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie.
Gegründet wurde die Kanzlei 1977 von dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. 1986 tat er sich mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker war bis vor kurzem Berater von Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.
Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen.
Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den Achtzigerjahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren.
So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.
Mossack Fonseca sieht sich als Opfer eines Datendiebstahls und betont, sich bei ihren Geschäften stets an die Gesetze zu halten. Das Unternehmen gründet Kapitalgesellschaften und verkauft sie an Zwischenhändler wie Banken, Anwälte und Vermögensberater, die sie wiederum an ihre Endkunden weitergeben.
Die Dokumente werfen ein Schlaglicht auf die kreative Schaffung von Scheinfirmen, um letztlich Geld vor dem Fiskus des jeweiligen Landes zu verstecken. In Island führten sie Anfang April zum Rücktritt von Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson.
Bis zuletzt versuchte die Kanzlei, die Veröffentlichung der Rohdaten zu verhindern. In der vergangenen Woche forderte sie das ICIJ auf, die Plattform nicht online zu stellen. „Es handelt sich um gestohlene Informationen. Das stellt eine Verletzung des Verschwiegenheitsabkommens zwischen Anwalt und Mandant dar, das wir beschützen müssen“, hieß es in einer Stellungnahme.
Das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten erklärte, man habe die Informationen im öffentlichen Interesse online gestellt. Es sei eine sorgfältige Veröffentlichung von grundsätzlicher gemeinsamer Information.
Wissenschaftler fordern Abschaffung von Steueroasen
Vor dem Londoner Antikorruptionsgipfel am Donnerstag forderten 300 international renommierte Wirtschaftswissenschaftler die Abschaffung von Steueroasen. Deren Vergünstigungen dienten nur den Reichen und vergrößerten Einkommensunterschiede, erklärten sie in einem von der britischen Hilfsorganisation Oxfam veröffentlichten Brief.
Zu den Unterzeichnern gehören der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty und Jeffrey Sachs vom Earth Institute der amerikanischen Columbia-Universität. Sie beziehen sich ausdrücklich auf Enthüllungen der „Panama-Papers“, um ihre Argument zu unterstreichen, dass es keine ökonomische Rechtfertigungen für Steueroasen und deren Geheimnisse gebe.
„Wie die Panama-Papers und andere Denkschriften enthüllt haben, befeuert die von Steueroasen gewährte Geheimhaltung die Korruption und untergräbt die Fähigkeit von Staaten, den ihnen zustehenden Anteil an Steuern einzunehmen“, schreiben die Wissenschaftler.
„Obwohl alle Länder von Steuervermeidung betroffen sind, sind die armen Länder im Verhältnis gesehen die größten Verlierer, denen deswegen mindestens 170 Milliarden Dollar (150 Milliarden Euro) Steuereinnahmen verloren gehen.“ Steueroasen nutzten nur Reichen und multinationalen Konzerne auf Kosten anderer; einen sinnvollen wirtschaftlichen Zweck erfüllten sie nicht.
An dem Antikorruptionsgipfel in London nehmen am Donnerstag Politiker aus 40 Staaten sowie Vertreter von Weltbank und Internationalem Währungsfonds teil.