Panama Papers EU-Kommissar droht Panama mit Konsequenzen

Nach den Enthüllungen über die zahlreichen Verbindungen Prominenter zu Briefkastenfirmen fordert EU-Kommissar Moscovici, Steuerparadiese aufzulisten und zu sanktionieren. Die Ereignisse des Tages im Überblick.

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EU-Kommissar Pierre Moscovici fordert Konsequenzen in der Panama-Affäre. Quelle: dpa

Der für Steuerfragen zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici hat Panama mit Konsequenzen gedroht. "Wir müssen Steuerparadiese auflisten und sie mit angemessenen Sanktionen belegen", sagte Moscovici am Donnerstag in Brüssel.

Er forderte die EU-Staaten auf, sich binnen sechs Monaten auf eine gemeinsame Liste zu einigen. Bisher werde Panama nur von acht EU-Staaten als Steuerparadies aufgeführt. "Anders als andere Länder wollte Panama nicht in einen konstruktiven Dialog mit der EU eintreten. Ich rufe die Regierung dringend dazu auf, ihre Position zu überdenken", sagte der EU-Wirtschaftskommissar.

Britische und französische Behörden prüfen Verbindungen von Banken zur Kanzlei

Britische und französische Behörden nehmen Banken verstärkt ins Visier. Die britische Finanzdienstleistungsaufsicht (FCA) forderte nach eigenen Angaben 20 Geldhäuser und andere Finanzfirmen zu Untersuchungen auf. Sie sollen prüfen, ob sie Verbindungen zur Kanzlei Mossack Fonseca in Panama haben. Die Institute hätten bereits Anfang der Woche Post von der Behörde erhalten, sagte eine FCA-Sprecherin. Die Banken hätten bis zum 15. April Zeit, auf die Anfrage zu antworten.

In den Papieren taucht den Medienberichten zufolge auch der Name der britischen Großbank HSBC auf. HSBC und Barclays wollten sich zu dem Thema nicht äußern. RBS und Standard Chartered kündigten an, ihre Strukturen zu überprüfen und mit den Behörden zu kooperieren.

Die französische Finanzaufsicht ACPR forderte die heimischen Banken auf, zusätzliche Informationen über deren Geschäftsbeziehungen mit Steueroasen zur Verfügung zu stellen. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht verlangte von den Geldhäusern des Landes eine konsequente Bekämpfung der Geldwäsche. Banken sollten vermehrt Meldung erstatten, sobald sie konkrete Verdachtsmomente hätten.

Schweizer Finanzmarktaufsicht profitiert von Enthüllungen

Die Enthüllungen könnten auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) bei ihren Ermittlungen gegen Geldwäsche weiterbringen. "Wir haben einige Hinweise, die hier relevant sein könnten", sagte Finma-Direktor Mark Branson der Nachrichtenagentur Reuters. Zuvor hatte die Finma angekündigt, abzuklären, inwieweit auch Schweizer Banken Dienstleistungen einer in Panama ansässigen Kanzlei genutzt und Schweizer Bestimmungen verletzt haben.

Die Köpfe der Panama-Connection
Emma WatsonIn der Vergangenheit glänzte die britische Schauspielerin Emma Watson in den Harry-Potter-Filmen als charmante und äußerst begabte Hermine Granger. Nun taucht der Name der britischen Schauspielerin in Verbindung mit den „Panama Papers“ auf. Medienberichten zufolge soll sie eine Wohnung über eine Briefkastenfirma gekauft haben. Ihr Sprecher bestätigte gegenüber „The Spectator“, dass Watson eine im Datensatz erwähnte Firma gegründet habe – dabei gehe es allerdings um den Schutz der Privatsphäre, da britische Firmen die Namen ihrer Teilhaber und Anteilseigner veröffentlichen müssten. Finanzielle Vorteile habe sie dadurch nicht gehabt, so der Sprecher. Quelle: AP
Malcolm Turnbull Nach der Veröffentlichung der Rohdaten der „Panama Papers“ werden Vorwürfe gegen Malcolm Turnbull laut. Der amtierende australische Ministerpräsident soll früher Direktor einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln gewesen sein, heißt es in den Unterlagen. Turnbull und sein Sprecher wiesen die Vorwürfe zurück – beim bereits bekannten Vorgang seien keine „Unregelmäßigkeiten“ aufgetreten. Quelle: dpa
Sigmundur David GunnlaugssonEr ist der erste, der nach den Enthüllungen der Panama Papers zurück getreten ist. Der isländische Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren. Gunnlaugsson hatte vor seinem Rücktritt den Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson um Erlaubnis gebeten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Grímsson wollte die Erlaubnis aber zunächst nicht erteilen, sondern erst mit der Unabhängigkeitspartei sprechen, Gunnlaugssons Regierungspartner. Zuvor hatten Tausende Isländer gegen Gunnlaugsson protestiert. Die Unterlagen sollen Informationen über eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln enthalten, die Gunnlaugssons Frau gehört. Der Politiker wies die Vorwürfe zurück. Quelle: REUTERS
Mauricio MacriDer frisch gewählte argentinische Ministerpräsident ist der Hoffnungsträger des wirtschaftlich angeschlagenen Landes. Doch die Mossack-Dokumente könnten für Mauricio Macri nun zum Stolperstein werden. Eine Stellungnahme hat Macri zu den Vorwürfen nicht abgegeben. Lediglich sein Sprecher Ivan Pavlovsky hat den Vorwürfe widersprochen. Der Präsident hätte an der betrügerischen Offshore-Firma keinen Anteil gehabt. Die Firma verfolge Interessen in Brasilien und hätte eine Verbindung zu den Familiengeschäften. Deshalb sei Macri auch der Direktor der Firma. Schwer vorstellbar, dass Macri als Direktor keine Ahnung über die Machenschaften der Offshore-Firma gehabt habe. Quelle: AP
Petro PoroschenkoSollten die Vorwürfe stimmen, dürfte es auch für Ukraines Ministerpräsident Petro Poroschenko unangenehm werden. Eigentlich wollte sich der Oligarch von seinem Schokoimperium trennen, nachdem er zum Präsidenten des vom Krieg mit Russland zerrütteten Landes geworden ist. Doch die Mossack-Dokumente zeichnen nun ein anderes Bild. Während in der Ostukraine seine Soldaten starben, gründete er laut der „Süddeutschen Zeitung“ in Panama die Briefkastenfirma „Prime Asset Partners Limited“, in die die zyprischen und ukrainischen Firmen von Poroshenkos Roshen-Gruppe überführt wurden. Die Gründung der Briefkastenfirma wurde nicht öffentlich gemacht. Quelle: REUTERS
Bjarni BenediktssonNicht nur der Ministerpräsident Islands ist in die Briefkastenaktivitäten verwickelt. Auch der isländischen Finanzminister steht in den geleakten Dokumenten. Der aus einer der reichsten Familien Islands stammende Politiker hält 33 Prozent an der Briefkastenfirma „Falson & Co.“, die 2005 in den Seychellen gegründet wurde. Auch nachdem er 2009 ins Parlament einzog, meldete Benediktsson die Firma nicht an. Der Minister bestreitet die Vorwürfe. Zum einen soll er nicht gewusst haben, dass die Firma auf den Seychellen registriert war, zum anderen sei die Firma steuerlich gemeldet gewesen. Komplettiert wird das betrügerische Dreigestirn in Island durch die Innenministerin Olöf Nordal, die zusammen mit ihrem Ehemann in Panama die Firma „Dooley Securities“ gegründet hat. In Island ist die Wut auf die Politiker groß. Es finden auf den Straßen bereits erste Proteste statt. Quelle: AP
Ian CameronDer 2010 verstorbene Vater des britischen Premierministers David Cameron (links) ist mit Aktiengeschäften und als Investor zu großem Reichtum gelangt. Die nun veröffentlichten Panama-Papers zeigen nun, dass er es mit der Versteuerung seines Vermögens nicht ganz so genau genommen hat. Ian Cameron soll mithilfe seiner 1999 gegründeten Firma auf den Bahamas Steuern hinterzogen haben. David Cameron hat zu den Vorwürfen gegen seinen Vater keine Stellungnahme abgegeben. Quelle: dpa

Die Enthüllungen zeigten, dass es im Kampf gegen Kriminalität noch viel zu tun gebe, sagte Branson. Das gelte auch für die Schweizer Banken, die besser prüfen müssten, ob die ihnen anvertrauten Gelder kriminellen Ursprungs seien. "Was wir in den von uns untersuchten Fällen zu oft gesehen haben, sind Plausibilitäts-Prüfungen von Banken, die nicht gründlich genug sind", sagte Branson.

Die Institute müssten im Kampf gegen Geldwäsche konsequenter vorgehen.

Österreichischer Bankenchef tritt zurück

Der Vorstandsvorsitzende der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank ist nach Enthüllungen über Verbindungen zu Briefkastenfirmen zurückgetreten. Michael Grahammer habe den Aufsichtsrat am Mittwochabend überraschend über seinen Rücktritt informiert, teilte die Bank mit.

„Schlussendlich war die mediale Vorverurteilung der Hypo Vorarlberg und meiner Person, die in den letzten Tagen erfolgt ist, ausschlaggebend für mich, diesen Schritt zu setzen“, schrieb Grahammer in einer Erklärung. Weder er noch die Bank hätten sich aber eines Fehlverhaltens schuldig gemacht.

Der öffentlich-rechtliche Sender ORF hatte zuvor berichtet, dass mindestens 20 Briefkastenfirmen mit Konten bei der Hypo Vorarlberg in Verbindung gebracht werden könnten. Ein Konto soll Gennadi Timtschenko gehören, einem russischen Milliardär mit engen Beziehungen zu Präsident Wladimir Putin.

Der hat jegliche Verbindung zu einer Briefkastenfirma eines befreundeten Musikers abgestritten. Die gezogenen Schlüsse seien Teil der US-geführten Kampagne, Russland zu schwächen, sagte er am Donnerstag in St. Petersburg. Obwohl sein Name in den Dokumenten der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca nicht auftauche, trieben westliche Medien die Behauptung voran, er sei darin verwickelt.

Panamas Regierung will Finanzsparte transparenter gestalten

Panamas Regierung will die Finanzindustrie ihres Landes mit Hilfe eines internationalen Expertenkomitees durchsichtiger machen. Das Gremium soll Empfehlungen abgeben, inwieweit die Transparenz in dem durch die „Panama Papers“ in Verruf gebrachten Mittelamerikastaat erhöht werden kann. Die Erkenntnisse des Komitees sollten mit anderen Nationen geteilt werden, so dass in Finanzzentren in aller Welt Klarheit herrsche, sagte Präsident Juan Carlos Varela.

Isländische Opposition will Neuwahlen erzwingen

Die Oppositionsparteien in Island wollen nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson Neuwahlen erzwingen. Am Donnerstag beantragten sie erneut eine Misstrauensabstimmung gegen die Regierung im Parlament. DieTurbulenzen im Zusammenhang mit dem Skandal um die „Panama Papers“ zwangen Gunnlaugsson zum Rücktritt.

Die Opposition hatte bereits am Montag einen Misstrauen-Antrag eingebracht. Dieser richtete sich gegen Gunnlaugsson. Nun schlugen Oppositionsvertreter eine Abstimmung gegen die gesamte Koalitionsregierung vor.

Gunnlaugssons designierter Amtsnachfolger Sigurdur Ingi Johannsson hofft auf die Zustimmung von Präsident Ólafur Ragnar Grimsson, um an die Spitze der Regierung zu rücken.

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