Nach den Enthüllungen der „Panama Papers“ über abertausende Briefkastenfirmen will die Staatsführung den ramponierten Ruf ihres Landes aufpolieren und mit dem deutschen Fiskus zusammenarbeiten. Panamas Präsident Juan Carlos sagte am Donnerstag nach einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), seine Regierung werde mit der Bundesrepublik über einen bilateralen Austausch von Steuerinformationen verhandeln. Dazu reise in der kommenden Woche eine Delegation nach Deutschland. Er selbst werde im Oktober Berlin besuchen, sagte Varela.
Panama steht weltweit in der Kritik, nachdem Praktiken zur Steuervermeidung mittels Briefkastenfirmen in den „Panama Papers“ enthüllt worden waren. Nach einjähriger Recherche hatten Anfang April Dutzende Medien aus aller Welt über gut 200 000 von der Kanzlei Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben sollen.
Merkel erkenne an, dass die Berichte nicht angemessen widergeben, wofür Panama als prosperierendes Land heute stehe, sagte Präsident Varela. Zudem habe die Bundeskanzlerin die Bemühungen der panamaischen Regierung um mehr Transparenz gewürdigt.
Am Donnerstag einigte sich Panama zudem mit Kolumbien auf den Austausch von Steuerdaten. „Großartige Arbeit der beiden Regierungen für mehr Transparenz und Kooperation in Steuerfragen“, kommentierte der kolumbianische Finanzminister Mauricio Cárdenas. Mit den USA hat Panama schon einen solchen Vertrag geschlossen. Weitere Verhandlungen laufen mit Frankreich und Japan.
Für den mittelamerikanischen Staat waren die „Panama Papers“ ein harter Schlag, brachten sie doch eine der wichtigsten Branchen des Landes in Misskredit. Das Finanzwesen ist neben dem Panamakanal und den Freihandelszonen die stärkste Säule von Panamas Wirtschaft. Derzeit verwalten rund 90 Banken mit 23 000 Angestellten über 83 Milliarden US-Dollar. Das Bankenwesen trägt zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt von Panama bei. Zuletzt legte der Sektor kräftig zu.
Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen
Der "Süddeutschen Zeitung" sind nach eigenen Angaben umfassende Daten über Briefkastenfirmen zahlreicher Politiker zugespielt worden. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei aus Panama gegründet worden seien. Die Dokumente würden ein detailliertes Bild darüber abgeben, wie diese Firma "Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt". Es gebe Unterlagen über mutmaßliche Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs sowie Spuren zu Dutzenden weiteren Spitzenpolitikern, ihren Familien, engsten Beratern und Freunden. Zudem fänden sich fast 130 weitere Politiker aus aller Welt unter den Kunden der Kanzlei, darunter viele Minister. Zur Überblicksseite: www.panamapapers.de
Quelle: dpa/reuters
Die Unterlagen sollen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften umfassen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln. Der Datensatz wurde der „Süddeutschen Zeitung“ von einer anonymen Quelle zugespielt. Die „Süddeutsche Zeitung“ teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt. Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen den Datenschatz aus rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um „ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte“.
Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Die Kanzlei ist demnach in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig.
Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie.
Gegründet wurde die Kanzlei 1977 von dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. 1986 tat er sich mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker war bis vor kurzem Berater von Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.
Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen.
Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den Achtzigerjahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren.
So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.
In den vergangenen Jahren hatte das Land versucht, seinen Ruf als Steueroase loszuwerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren. So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen.
Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste. Darauf werden Staaten geführt, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen hinterherhinken. Nach der Veröffentlichung der „Panama Papers“ bescheinigte die OECD dem Land allerdings erneut, internationale Standards für Steuertransparenz zu missachten.
Das nun angestrebte Abkommen zum Datenaustausch mit Deutschland soll den Gemeinsamen Report-Standards (CRS) der Industrieländerorganisation OECD entsprechen. Anders als von der OECD angestrebt, setzt Panama auf den Abschluss bilateraler Abkommen. Beim automatischen, multilateralen Datenaustausch könnten die Informationen in die falschen Hände geraten, argumentiert die Regierung.
Auch in Panama selbst bemühen sich die Behörden um Aufklärung und Transparenz. Die Staatsanwaltschaft durchsuchte die Geschäftsräume von Mossack Fonseca und stellte zahlreiche Unterlagen sicher. Derzeit wird geprüft, ob die Kanzlei gegen Gesetze verstoßen hat.
Am Freitag nimmt zudem eine Expertenkommission ihre Arbeit auf, die Vorschläge unterbreiten soll, wie der Finanzsektor transparenter gemacht werden kann. Unter den Mitgliedern sind der US-Wirtschaftnobelpreisträger Joseph Stiglitz sowie der Schweizer Strafrechtsprofessor und Antikorruptionsexperte Mark Pieth.