Pariser Klimaabkommen US-Staaten auch ohne Trump gegen Erderwärmung

US-Präsident Trump spielt mit dem Gedanken, dem Pariser Klimaabkommen die Unterstützung zu entziehen. Dutzende US-Bundesstaaten und Städte wollen trotzdem weiterhin für den Klimaschutz eintreten.

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Anders, als es dieses Bild vermuten lässt, liegt dem US-Präsidenten der Klimaschutz offenbar nicht sehr am Herzen. Einige US-Bundesstaaten wollen trotzdem eigenständig für den Klimaschutz eintreten. Quelle: dpa

New York Sollte US-Präsident Donald Trump dem Pariser Klimaabkommen die Unterstützung entziehen, würden die Bemühungen in den USA gegen die Erderwärmung wohl nicht ohne Weiteres enden. In Dutzenden US-Staaten und vielen Städten gibt es Maßnahmen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und mit den Auswirkungen steigender Temperaturen umzugehen. Und es gibt Pläne für weitere Schritte.

In links gerichteten Gegenden gilt das als gute Politik. Selbst in Staaten, die den Republikanern zuzuordnen sind und in denen es starken Widerstand gegen die Vorstellung gibt, dass Menschen die Erwärmung des Planeten verursachen, gelten erneuerbare Energien und Präventivmaßnahmen gegen Überflutungen als schlaues Unternehmen.

Es gibt allerdings noch viel Unklarheit darüber, welche Folgen ein dramatischer Wechsel der Bundespolitik in den USA für staatliche und örtliche Initiativen hätte. Das gilt vor allem für den Fall, dass der Kongress, wie von Trump gefordert, die Finanzierung für diese Maßnahmen kürzt.

Mehr als zwei Dutzend US-Staaten haben Klagen gegen den sogenannten Clean Power Plan der Obama-Regierung eingereicht, der CO2-Ausstöße von Kraftanlagen reduzieren sollte. Gleichzeitig haben viele Staaten erhebliche Fortschritte dabei gemacht, die Ziele des Plans zu erlangen. 40 Staaten sind auf dem Weg, ihre für 2030 gesetzten Zielsetzungen unter dem Plan zu erreichen, wie aus Angaben der US-Umweltschutzbehörde EPA hervorgeht. 35 Staaten halten sich bereits an Interimsvorschriften für 2022, zum Teil dadurch, dass Versorgungsunternehmen sich für eine Schließung von kohlebetriebenen Anlagen und einen Umstieg auf Erdgas entschieden haben.

29 Staaten und der Hauptstadtbezirk Washington D.C. schrieben Stromanbietern vor, bestimmte Strommengen aus erneuerbaren oder alternativen Quellen wie Wind, Sonne und Geothermik zu produzieren. Das geht aus Angaben der Non-Profit-Organisation Center for Climate and Energy Solutions hervor. Kalifornien und der Staat New York haben ihre Versorgungsunternehmen aufgefordert, bis 2030 die Hälfte ihres Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen.

Kalifornien ermutigt mit Steuervergünstigungen zum Besitz von elektrischen Autos. Der Gouverneur von Massachusetts, Charlie Baker, hat mehr als 1,8 Millionen Dollar an Zuschüssen an 19 Gemeinden für klimabezogene Projekte gegeben. Doch fallen solche Ausgaben deutlich hinter die Milliarden von Dollar zurück, die bislang von der US-Regierung zur Verfügung gestellt wurden.


In konservativen Gegenden spricht man von „Widerstandsfähigkeit“

Viele Städte in den USA sind groß genug, um mit Begrenzungen der Emissionen einen Unterschied zu machen. Bürgermeister Rahm Emanuel gab im April bekannt, dass alle öffentlichen Gebäude in Chicago bis zum Jahr 2025 komplett mit erneuerbarer Energie betrieben würden. Andere verstärken die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Andere Städte räumen ein, dass sich das Klima bereits erwärme und bereiten sich auf den Umgang mit den Auswirkungen vor, insbesondere Überschwemmungen und starke Stürme. In konservativen Gegenden, wo der Klimawandel ein Streitthema ist, beschreiben Behördenvertreter ihre Bemühungen oft mit Begriffen wie „Widerstandsfähigkeit“ und „Anpassung“. Dort werden zum Beispiel Abwasserbehandlungssysteme verbessert, um Überflutungen zu vermeiden.

Die Stadt Charleston in South Carolina an der Ostküste der USA empfiehlt, dass bei Bauprojekten davon ausgegangen werde, dass der Meeresspiegel über die nächsten 50 Jahre um 1,5 bis 2,5 Fuß (etwa 45 bis 75 Zentimeter) ansteigt.

Florida ist besonders gefährdet durch einen Anstieg des Meeresspiegels. Doch hat der Staat bislang wenige Schritte unternommen. Städte haben versucht, diese Lücke zu füllen. Miami und umliegende Gegenden haben daran gearbeitet, Häuser, Straßen und Infrastruktur gegen Überflutungen zu rüsten.

Selbst Tulsa in Oklahoma, die Heimatstadt des Senators James Inhofe, der die Erderwärmung als Fälschung bezeichnet, hat über 12 000 Häuser und Geschäfte aus einem Überschwemmungsgebiet wegbewegt.

Doch reichen die Maßnahmen aus? US-Staaten und Städte, deren Regierungen ein starkes Vorgehen gegen den Klimawandel bevorzugen, sagen, dass sie sich Trump widersetzen würden. Kalifornien, das 39 Millionen Einwohner hat und eine der größten Wirtschaften der Welt, hat gezeigt, dass es dazu fähig ist, die Umweltpolitik andernorts zu beeinflussen, so wie mit seinen strengen Emissionsstandards für Autoabgasrohre.

Der kalifornische Gouverneur Jerry Brown sagte der Nachrichtenagentur AP, sein Staat werde damit weitermachen, die eigene Umweltverschmutzung zu reduzieren, die den Planeten erwärme. Der Staat will demnach seine Allianzen mit China, Mexiko und anderen Ländern nutzen, um zu internationalen Maßnahmen zu animieren.

„Herr Trump hat es nicht nur mit Kalifornien zu tun, er hat es mit dem Rest der Welt zu tun, ganz zu schweigen von der Wissenschaft selbst“, sagte Brown. „Und es ist sehr offensichtlich, wer gewinnen wird.“

Es gibt aber auch Sorgen, dass staatliche und örtliche Beamte den Mut verlieren könnten, wenn die US-Regierung nicht nur den globalen Klimavertrag ablehnt, sondern notwendigen Maßnahmen im Land mit offener Skepsis gegenübertritt. „Dieser Moment ist ein Test dessen, ob die Staaten engagiert bleiben werden, wenn es keinen Bundesdruck oder internationales Abkommen gibt, um sie zu bewegen“, sagte Barry Rabe, Professor an der University of Michigan.

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