Parteitag der Republikaner Trump-Gegner setzen auf Kampfabstimmung

Mit einer Kampfabstimmung wollen Republikaner bei ihrem Parteitag die Nominierung von Donald Trump verhindern. Sie hoffen auf eine Regel, die seit Jahren nicht mehr angewandt wurde. Experten warnen vor einem „Blutbad“.

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Republican presidential candidate Donald Trump wipes his cheek as he listens to a question from an audience member at a campaign event in Tampa, Fla., Monday, March 14, 2016. (AP Photo/Gerald Herbert) Quelle: AP

Berlin Nach den Siegen von Donald Trump bei den jüngsten US-Vorwahlen setzen einige Gegner des Milliardärs auf eine Kampfabstimmung beim Parteitag der Republikaner im Sommer, um eine Nominierung des streitbaren Kandidaten in letzter Minute zu verhindern. Dies wäre möglich, wenn Trump nicht die 1237 Delegiertenstimmen gewinnt, die ihm automatisch den Sieg sichern würden. Dann käme es bei dem Treffen vom 18. bis 21. Juli in Cleveland zu internen Wahlgängen, aus denen jeder Kandidat als Sieger hervorgehen könnte. Eine derartige „contested convention“ hat es seit Jahrzehnten in den USA nicht gegeben. Das Regelwerk dazu ist kompliziert und schließt in seiner jetzigen Form möglicherweise sogar Kandidaten wie John Kasich aus – der letzte verbliebene Hoffnungsträger des gemäßigten Establishments.

Da in der US-Verfassung Parteien nicht vorkommen, könnten mehrere Vertreter gleichzeitig bei einer Wahl antreten. Um das zu verhindern, haben Republikaner und Demokraten verschiedene Mechanismen angewandt. Anfangs entschieden die Abgeordneten des Kongresses in geheimen Sitzungen über den Kandidaten. Als undemokratisch verschrien wurde dieses System Mitte des 19. Jahrhunderts durch landesweite Parteitage ersetzt. Dabei entschied noch faktisch die Parteiführung über den Kandidaten. Kritiker prangerten den Kuhhandel in verrauchten Hinterzimmern an, und einige Bundesstaaten begannen, die Basis über Vorwahlen zu befragen.

Die letzte „brokered convention“ fand bei den Demokraten 1952 und den Republikanern 1948 statt. Das heutige System führt fast immer dazu, dass die Kandidaten Monate vor den Parteitagen feststehen und die Treffen somit nur noch reine Fototermine sind. Die alten Abläufe bleiben jedoch für den Fall erhalten, dass niemand eine Mehrheit erreicht. Dies könnte jetzt der Fall sein.

Grob sieht der Ablauf bei den Republikanern nach dem Regelwerk von 2012 so aus, dass sich die Delegierten beim ersten Wahlgang an die Ergebnisse der Vorwahl in ihrem Bundesstaat halten müssen. Sollte Trump hier die nötige Stimmenzahl erhalten, wird er Kandidat. Ist dies allerdings nicht der Fall, werden viele der Delegierten – je Bundesstaat – von ihrer Pflicht entbunden. Sie könnten dann bei den weiteren Wahlgängen für einen beliebigen Kandidaten stimmen.

Dabei sind die Regeln so lange nicht mehr angewandt worden, dass sich selbst Partei-Insider mit den Einzelheiten vertraut machen müssen. Für Unruhe im Vorfeld sorgt die Macht des sogenannten Regelkomitees, das sich kurz vor dem Parteitag trifft. Es besteht aus je einem Mann und einer Frau aus den Reihen der Delegierten aller Bundesstaaten. Das Komitee könne „eine Regel einführen, dass nur Kandidaten mit blauen Haaren von der Partei nominiert werden können“, beschriebt das Magazin „Time“ den Einfluss des Gremiums. Dessen Entscheidungen müssen von einer Mehrheit der Delegierten ratifiziert werden.

Regel 40 birgt dabei besonderen Sprengstoff. Sie besagt, dass jeder Kandidat eine Mehrheit der Delegierten in mindestens acht Bundesstaaten vorweisen können muss. Damit könnte ausgerechnet Kasich als Hoffnungsträger des Establishments von der Abstimmung ausgeschlossen werden, sollte er nicht noch sieben Bundesstaaten gewinnt.

In US-Medien zufolge bringen sich die Wahlkampfteams der Bewerber bereits in Stellung, um die Zusammensetzung des Regelkomitees zu beeinflussen. Experten zeigen sich pessimistisch, dass eine Schlammschlacht verhindert werden kann. „Das wird ein Blutbad“, sagte Tom Lundstrum, Mitglied des Regelkomitees von 2012, dem Magazin „Politico“. John Yob, ehemaliger Berater des Kandidaten Rand Paul, brachte Mitte Februar ein Buch über einen etwaigen Parteitag mit einer Kampfabstimmung der Republikaner heraus, das einfach den Titel „Chaos“ trägt.

Der politische Schaden für die Republikaner wäre in einem solchen Fall enorm. Ein offener Streit würde der wahrscheinlichen Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, in die Hände spielen: Wer sich am Ende die Kandidatur sichert, hätte schon allein weniger Zeit, um gegen sie Wahlkampf zu führen. Sollte Trump zwar die Mehrzahl der Delegierten gewinnen, aber nicht Kandidat werden, dürfte zudem die Wut seiner Anhänger auf das Partei-Establishment erst recht keine Grenzen kennen. Er selbst warnte am Mittwochmorgen vor Gewalt, sollte er nicht nominiert werden: „Dann würde es Krawalle geben, glaube ich“, sagte er dem Sender CNN.

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