Parteitag der Tories Finanzminister Hammond kündigt Haushaltsplan mit Hilfen an

Großbritanniens Wirtschaftsminister Philip Hammond warnt vor wirtschaftlichen Turbulenzen, die sich über Jahre hinziehen dürften. Um die Brexit-Folgen abzumildern, will er mehr Geld in Hausbau und Infrastruktur stecken.

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Großbritanniens Finanzminister Philip Hammond kündigte am Montag einen neuen Haushaltsplan an, um Turbulenzen der Wirtschaft abzufedern. Quelle: dpa

London Die Dinge gut zu präsentieren und schön zu reden, das ist seine Sache nicht. Ganz ohne Umschweife ist Philip Hammond daher seine Botschaft losgeworden: „Es gibt keinen Grund zu Selbstgefälligkeit“, sagte Großbritanniens Finanzminister beim Parteitag der Konservativen am Montag. Viele der jüngsten Wirtschaftsindikatoren seien zwar besser ausgefallen als erwartet, aber auf das Land kämen im Zuge des EU-Austritts Turbulenzen zu und eine Art Achterbahnfahrt. Die bisher bekannten Daten zur Wirtschaftskraft spiegelten einfach nicht die Unsicherheit wider, die die Unternehmen erfassen werde, wenn Großbritannien sich von der EU verabschiede.

Damit gab Hammond, einer der Europa-Befürworter in der neuen britischen Regierung, den Verkünder der schlechten Nachrichten. Noch am Vortag hatte Premierministerin Theresa May mit einigen Ankündigungen vor allem die Brexit-Anhänger erfreut. Sie stellte nicht nur einen groben Zeitplan für den Austritt vor, den sie bis Ende März 2017 formal beantragen will. May, die im Brexit-Wahlkampf noch für den Status quo eingetreten war, scheint sich auf die Seite der Hardliner geschlagen zu haben. Sie deutete zwischen den Zeilen an, dass sie der Kontrolle der Einwanderung den Vorzug geben und dafür den vollen Zugang zum europäischen Binnenmarkt wohl opfern wird.

Damit nimmt der britische Abschied aus der EU konkretere Formen an und könnte 2019 über die Bühne gehen. Die Aussicht auf eine radikale Form des Brexit, den so genannten „harten Brexit“, hat das Pfund gegenüber Euro und Dollar fallen lassen. Die britische Währung näherte sich am Montag dem tiefsten Stand seit etwa drei Jahrzehnten.
Hammond gilt als Befürworter eines eher „weichen Brexits“ - eines EU-Austritts, bei dem sich für die Wirtschaft nicht soviel ändert und die Unternehmen weiterhin Zugang zum Binnenmarkt haben. Die Briten hätten beim Referendum Ende Juni nicht dafür gestimmt, ärmer zu werden und im geringeren Maße als bisher abgesichert, sagte er beim Parteitag in Birmingham. Die Regierung müsse daher dafür sorgen, dass der Brexit mit Achtsamkeit und Sorgfalt umgesetzt werde.
Etliche britische Unternehmen und internationale Konzerne mit einem bedeutenden Geschäft auf der Insel fürchten allerdings, dass sich Hammond mit seinen Ansichten nicht durchsetzen wird und die lautstarken Kämpfer für einen Brexit wie Handelsminister Liam Fox, Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis die Oberhand behalten werden.

Sie haben zuletzt Rückenwind bekommen, weil die britische Wirtschaft den Brexit-Schock besser zu verdauen scheint als erwartet. So hat sich ein am Montag veröffentlichter Index, der die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe misst, deutlich stärker entwickelt als erwartet. Im Juli hatte er zwar nachgegeben, doch im September war noch stärker gestiegen als im August. Das verarbeitende Gewerbe hat offenbar von dem schwachen Pfund profitiert.
Ökonomen gehen dennoch davon aus, das das Wirtschaftswachstum auf den Insel nachlassen wird. Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Analysten prognostizieren für 2017 ein Plus von 0,7 Prozent. Das wäre die schwächste Entwicklung seit 2009.
Hammond will darauf reagieren und ganz gezielt Investitionen in Hausbauprojekte und Infrastruktur erhöhen, um die Brexit-Folgen abzumildern, kündigte er an. Er bestätigte zudem, dass er das Ziel der alten Regierung aufgeben wird. Diese wollte bis 2020 einen Haushaltsüberschuss vorweisen können. Dafür hat die Regierung unter dem damaligen Premier David Cameron und Finanzminister George Osborne die Staatsausgaben kontinuierlich gesenkt. Osbornes Politik sei damals richtig gewesen. „Aber wenn die Zeiten sich ändern“, sagte Hammond, „müssen wir uns auch ändern.“

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