Petersburger Wirtschaftsforum Russland will globale Probleme anpacken

Auf dem Petersburger Wirtschaftsforum brachte sich der neue russische Präsident Dmitrij Medwedjew selbst als globalen Problemlöser ins Spiel. Konflikte auf dem eigenen Markt klammerte er aus – vor allem den Streit um den Ölkonzern TNK-BP: Die Briten könnten aus dem Joint-Venture fliegen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Russlands Präsident Dmitrij Quelle: AP

Seine schicke weiße Yacht „Pelorus“ hat im Hafen von Sankt Petersburg angelegt, fest vertäut hinter einem mächtigen Kreuzfahrtschiff. Auf dem Oberdeck flattert die britische Fahne im Wind. Der schillernde Oligarch Roman Abramowitsch ist über den Seeweg in seine russische Heimat zurückgekehrt – pünktlich zum Konzert des Pink-Floyd-Veteranen Roger Waters. Natürlich sitzt er dort wie auch beim Internationalen Wirtschaftsforum in der ersten Reihe. Dort feiert sich Russland am Wochenende selbst. Wichtigste Botschaft: Die Russen sind nicht länger mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, sie packen globale Herausforderungen an. Das ist auch für den russischen Multimilliardär aus London Grund genug, mal vorbei zu schauen.

Präsident Medwedjew präsentierte sein Land im besten Licht – als globalen Problemlöser, als zuverlässigen Wirtschaftspartner, als wieder auferstandene Wirtschaftsmacht. Nur die Probleme mit der eigenen Ökonomie ließ er außen vor. Russland fühlt sich wieder wichtig. Medwedew bezeichnete sein Land als „Global Player“ und fügte hinzu: „Wir wollen die Spielregeln mitbestimmen.“ Damit sprach er die globale Finanzarchitektur an. Die USA sei ihrer Verantwortung als führende Finanzmacht während der jüngsten Finanzkrise nicht nachgekommen. „Das zeigt, dass in der globalisierten Welt kein einziges Land alle Probleme lösen kann“, sagte Medwedew. Er forderte eine grundlegende Reform des internationalen Finanzsystems – vom Umbau der Finanzinstitutionen über neue Ratingstandards bis hin zur „Stimulierung nationaler Staaten zu rationalem Handeln“. Konkreter wurde er nicht. Er schlug aber vor, zu diesen Themen eine internationale Konferenz in Russland abzuhalten. Das überraschte.

Im Hafen St. Petersburgs: die Quelle: AP

Die Zeiten des Säbelrasselns sind jedenfalls vorbei. Im Unterschied zu seinem Vorgänger Wladimir Putin versteht es der Neue im Kreml, seine Kritik nicht mit aggressiver Rhetorik, sondern mit konstruktiven Vorschlägen zu verknüpfen. Dabei spielt Medwedew spielt die Rolle des aufgeklärten Marktliberalen im Zeichen der Globalisierung. Er spricht sich gegen Nationalismus in der Wirtschaft aus und kritisiert, dass „einzelne Staaten auf ihre ökonomische Souveränität bestehen und die Globalisierung zum eigenen maximalen Vorteil nutzen“. Mit anderen Worten: Die Globalisierung sei eine Realität, der sich jedes Land der Welt zu stellen habe – ein klares Plädoyer für die freie Marktwirtschaft. Der Präsident kündigte weitere russische Investitionen im Westen an, sagte aber: „Die Investitionen unserer Firmen sind weder spekulativ noch aggressiv.“

Den nächsten Schritt ins Ausland könnte der Finanzriese Sberbank machen. Auf Nachfrage der WirtschaftsWoche bestätigte der Bankchef und frühere Wirtschaftsminister German Gref, dass eine Expansion nach Westen geplant ist. Im Herbst könnten bereits konkretere Pläne bekannt gegeben werden. „Natürlich sind die in östlichen Teil Europas besonders attraktiv für uns“, sagte der Spitzenbanker. Analoge Pläne, auf dem boomenden russischen Privatkundenmarkt aktiv zu werden, gibt es bei der Deutschen Bank nicht, erzählte Vizepräsident Caio Koch-Weser. Am Rande des Forums unterzeichneten er und German Gref ein Memorandum über die Zusammenarbeit bei Finanzierungsprojekten in Sotschi, wo im Jahr 2014 die Olympischen Winterspiele stattfinden werden.

Auf den glanzvoll inszenierten Wirtschaftsgipfel fiel ein dunkler Schatten: Robert Dudley, selbst Teilnehmer in Sankt Petersburg, war einen Tag zuvor zum Verhör bestellt worden. Der Präsident des Ölkonzerns TNK-BP, an dem British Petroleum mit 50 Prozent der Aktien beteiligt ist, soll wegen Steuerangelegenheiten zur Rede gestellt werden. Im Hause des drittgrößten russischen Ölförderers tobt seit Wochen ein Machtkampf: Die russischen Eigentümer fordern die Ablösung des Engländers, weil er einseitig BP-Interessen vertreten habe. Beobachter vermuten, dass Steuerfragen die Hebel sind, mit denen der britische Einfluss reduziert und ein Verkauf an russischen Ölgiganten erreicht werden soll. Medwedew ging freilich nicht weiter darauf ein. Es passt nicht in sein Gemälde vom freien russischen Markt.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%