Post aus Harvard
Donald Trump spricht in St. Charles über seine geplante Steuerreform Quelle: AP

Keine Angst vor sinkenden Steuern!

Martin Feldstein Quelle: Bloomberg, Montage
Martin S. Feldstein US-amerikanischer Ökonom, Professor für Wirtschaftswissenschaften und ehemaliger Oberster Wirtschaftsberater für US-Präsident Ronald Reagan Zur Kolumnen-Übersicht: Post aus Harvard

Noch vor Weihnachten wollen sich Repräsentantenhaus und Senat in den USA auf eine große Steuerreform einigen. Diese könnte tiefe Löcher in den amerikanischen Staatshaushalt reißen. Warum sie trotzdem ökonomisch sinnvoll ist.

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Der US-Kongress steht kurz vor der Verabschiedung einer großen Steuerreform. Im Mittelpunkt steht die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 35 Prozent auf 20 Prozent – vom höchsten Niveau unter den OECD-Ländern auf eines der niedrigsten. Dieser Schritt würde es US-Unternehmen ermöglichen, die Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften zurückzuführen, ohne zusätzliche Steuern entrichten zu müssen.

Gegner des Gesetzes warnen hingegen, das Gesetz könne die Staatsschulden in den nächsten zehn Jahren um 1,5 Billionen Dollar in die Höhe treiben.

Ich gestehe: Ich mag keine Haushaltsdefizite und warne seit Langem vor ihren gefährlichen Folgen. Trotzdem glaube ich, dass die wirtschaftlichen Vorteile der Reform die Nachteile überwiegen. Denn zum einen wird der US-Unternehmenssektor durch den niedrigeren Steuersatz vermehrt Kapital anziehen. Amerikanische Firmen dürften mehr in ihrer Heimat investieren, da die Steuersätze im Ausland dann nicht mehr attraktiver sind. Die Unternehmen werden auch einen Teil der in der Vergangenheit im Ausland erzielten und dort belassenen Gewinne repatriieren, die sich laut US-Finanzministerium auf 2,5 Billionen Dollar belaufen.

Zur Person

Wahrscheinlich weiten auch ausländische Unternehmen ihre Investitionen in den USA aus oder verlegen ihren Sitz in die USA, um vom geringeren Steuersatz zu profitieren. Innerhalb der USA dürfte Kapital aus der Landwirtschaft und dem Wohnungswesen in den produktiveren Unternehmenssektor fließen.

Reallöhne in den USA werden steigen

Sicher: Es lässt sich schwer abschätzen, in welchem Umfang sich das Kapital im Unternehmenssektor insgesamt erhöht. Ich rechne aber mit einem Betrag von mindestens fünf Billionen Dollar im Verlauf der nächsten zehn Jahre. Der vermehrte Kapitalfluss wird Produktivität und Reallöhne steigen lassen. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte 2027 um rund 500 Milliarden Dollar höher liegen.

Trumps Steuer-Triumph

Diese positiven Effekte helfen die negativen Folgen des Haushaltsdefizits auszugleichen. Staatliche Kreditaufnahme verdrängt bekanntlich private Kapitalbildung, höhere Zinszahlungen machen gewöhnlich höhere Steuern oder Kürzungen bei den Verteidigungsausgaben und bei Sozialprogrammen erforderlich.

Ein Haushaltsdefizit führt zudem zu einer unerwünschten Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, wenn Vollbeschäftigung herrscht. Und eine höhere Schuldenquote lässt weniger Spielraum für unvorhergesehene öffentliche Ausgaben.

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