Proteste wegen Pipeline Heikler Konflikt in North Dakota

Mitten im eisigen Nichts der nordamerikanischen Weite droht ein Konflikt zu eskalieren. Es geht um Indianer, eine Ölpipeline, 2000 Veteranen und den zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump.

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Hoch im Norden der USA sind eine Reihe von Camps am Rande des Standing Rock Reservats errichtet. Quelle: AFP

Bismarck Am Montag sollen sie weg sein, aber sie denken gar nicht daran. Hoch im Norden der USA sind eine Reihe von Camps am Rande des Standing Rock Reservats errichtet. Tipis und Jurten stemmen sich in den eisigen Wind North Dakotas. Tausende demonstrieren seit Monaten gegen eine Pipeline. Am Wochenende wollen sich nun mindestens 2000 Veteranen dem Protest anschließen - sie wollen das Camp ausbauen und den Demonstranten eine Pause ermöglichen. Allerdings läuft am 5. Dezember ein Ultimatum ab. Das kann heikel werden.

Es sei zu kalt für den Protest, sagt North Dakotas Gouverneur Jack Dalrymple. In der Tat sagt der Wetterbericht für die kommende Woche Temperaturen von bis zu minus 20 Grad voraus. Allerdings war es schon in den vergangenen Tagen bitterkalt. Trotzdem hat die Polizei Wasserwerfer gegen die Protestierenden eingesetzt.

Hintergrund: North Dakota baut eine Pipeline. Sie soll Öl von den tausenden Frackingbohrstellen im Norden in den Bundesstaat Illinois transportieren, jeden Tag über 450.000 Barrel. Die Röhre soll insgesamt fast 1900 Kilometer lang sein und rund 2,7 Milliarden US-Dollar kosten.

Als ihre Route an den nördlichen Zipfel eines Indianerreservats der Sioux verlegt wird, beginnt im April der Protest: Heilige Stätten und Wasserreservoirs seien bedroht, Gebietsverträge würden verletzt. Die Pipeline, hier soll sie unter dem Lake Oahe verlaufen. Hunderte Stämme schließen sich dem Protest an. Am Cannonball River werden Lager errichtet. Die Facebookseite des Reservats zeigt Besucher aus Lateinamerika, von Priestern und Familien.

Über Monate kommt es immer wieder zu Scharmützeln mit der Polizei. In den überregionalen US-Medien ist das alles kein großes Thema, es ist Wahlkampf. Die Demonstranten veröffentlichen Videos, die beweisen sollen, wie wenig zimperlich der Staat gegen friedlichen Protest vorgeht. Die Polizei setzt Tränengas in großem Stil ein, Panzerwagen, Pfefferspray, Granaten, lässt ihre Hunde los. Es gibt Verletzte. Vor dem Wochenende sagten Offizielle nun, man wolle eine Räumung nicht aktiv vorantreiben.

Ashleigh Jennifer Parker ist eine Veteranin der Küstenwache und spricht für die Vereinigung „Veterans Stand for Standing Rock“. Zu „USA Today“ sagt sie: „Wir wollen den Menschen hier einen Moment des Friedens ermöglichen und, wenn möglich, ein wenig Druck von ihnen nehmen.“ Man sei vollkommen friedlich. Parker mag schon das Wort „Protest“ nicht, „Unterstützung der Wasserschützer“ ist ihr lieber.


Trump unterstützt das Projekt

Bisher hat der Staat keine Anstalten gemacht, neu Eintreffenden den Zugang zum Oceti Sakowin Camp zu verwehren. Die meisten haben auf der Facebookseite des Reservats angekündigt, mindestens bis Mittwoch bleiben zu wollen, viele deutlich länger. Man wird sehen müssen, wie viele sich tatsächlich aufmachen. Kommt es dann zur Eskalation?

Als wäre die Situation nicht heikel genug, kommt nun auch noch die Politik dazu, und zwar die ganz große. Donald Trump hat als Unternehmer kräftig in ETP.N und Phillips 66 investiert, das ist öffentlich belegt. Und nun, nach der Wahl, nicht unheikel: ETP.N (Energy Transfer Partners, Texas) baut die Pipeline, Phillips hält 25 Prozent Anteile an der dann fertigen Röhre. Als gewählter US-Präsident hat Trump bekräftigt, er unterstütze die Fertigstellung des Projekts.

Unter anderem der „Guardian“ zitiert, was Trumps Team vor dem Wochenende in einem seiner täglichen Briefings an die Adresse von Unterstützern verlautbarte: „Seine (Trumps) Unterstützung hat mit seinen persönlichen Investments nicht zu tun; alles dreht sich um die Werbung für eine Politik, von der alle Amerikaner profitieren.“

Diese Einschätzung teilt nicht jeder. „Trump zeigt uns mit der Unterstützung der Dakota Access Pipeline den Spießgesellen-Kapitalismus, der seine Regierung bestimmen wird“, erklärt Greenpeace-Sprecherin Mary Sweeters in einem Statement. Das ganze Unterfangen sei Korruption in Reinform. „Der Präsident der USA sollte keinen Handel treiben mit Öl- und Gasgesellschaften.“

Greenpeace verweist auch auf die klimaschädlichen Folgen des Verbrennens von Öl, das ja der Anlass für den ganzen Hader ist. US-Präsident Barack Obama hat zur Enttäuschung vieler Umweltschützer auf eine Petition zum Stopp der Pipeline nicht reagiert. Er könnte diesen verfügen, auch wenn der nur symbolischen Wert hätte. Nachfolger Trump könnte ihn jedoch mit einem Federstrich wieder aufheben.

Vor wenigen Tagen sagte Gouverneur Dalrymple, eine neuerliche Verlegung der Pipeline sei nicht machbar. Pipeline oder Protest: Auf kurz oder lang wird in North Dakotas klirrendem Winter eines von beiden weichen müssen.

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