Prozess gegen Attentäter Boston-Bomber war kein Märtyrer

Todesstrafe oder lebenslange Haft: Darum geht es im Prozess gegen den Boston-Bomber. Die Verteidigung beschreibt den Attentäter als verführten Jungen. Das Besondere: Auch die Menschen in Boston wollen nicht seinen Tod.

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Im Prozess um den Bomber von Boston hat die Verteidigung davor gewarnt, gegen den Attentäter die Todesstrafe zu verhängen. Quelle: ap

Boston Im Prozess um den Bombenanschlag auf den Boston-Marathon hat die Verteidigung davor gewarnt, gegen den verurteilten Attentäter Dschochar Zarnajew die Todesstrafe zu verhängen. Dies würde aus ihm einen Märtyrer des radikalen Islam machen, sagte der Verteidiger David Bruck nach Angaben des „Boston Globe“ am Montag. In Wirklichkeit sei der 21-Jährige von seinem älteren Bruder Tamerlan zur Tat verführt worden. Bruck plädierte stattdessen für eine lebenslange Haftstrafe.

„Als Tamerlan sagte, jetzt ist es Zeit, ging sein kleiner Bruder mit ihm“, sagte Bruck. Ohne den älteren Bruder „hätte Dschochar das alles nicht getan“. Das Gericht hatte Zarnajew bereits kürzlich in allen 30 Anklagepunkten für schuldig befunden. In der zweiten Prozessphase muss nun das Strafmaß festgelegt werden. Die Staatsanwaltschaft strebt die Todesstrafe an.

Allerdings sprach sich sogar eine große Mehrheit der Einwohner in der US-Metropole Boston (Massachusetts) gegen die Todesstrafe aus. Laut einer Umfrage des „Boston Globe“ plädierten 66 Prozent der Befragten für lebenslange Haft, lediglich 15 Prozent wollten die Todesstrafe. Im Bundesstaat Massachusetts ist die Todesstrafe zwar abgeschafft, doch der Prozess findet vor einem Bundesgericht statt, das die Todesstrafe verhängen kann.

Der Amerikaner tschetschenischer Abstammung hatte im April 2013 mit seinem Bruder Tamerlan zwei Bomben am Zieleinlauf des Marathons gezündet und dadurch drei Menschen ermordet. 260 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Sein Bruder war wenige Tage später während einer Verfolgungsjagd von der Polizei erschossen worden.

Buck sagte bei seinem Plädoyer weiter, er werde zeigen, dass Tamerlan bereits früher plante, in Russland in den Dschihad zu ziehen. Verwandte würden ihn als einen fanatischen und radikalen Islamisten beschreiben. Für den Verurteilten Dschochar sei es das Beste, wenn er in seiner Zelle in Vergessenheit gerate. „Kein Märtyrertum!“

Die Staatsanwaltschaft hatte Dschochar dagegen als reuelosen Mörder dargestellt. Der Charakter des jungen Mannes sei von Unmenschlichkeit und Gleichgültigkeit geprägt.

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