Prozess vor dem EuGh Kläger wettern gegen die EZB

Wohl erst in einigen Monaten wird der EuGh über das entscheiden, was einer der Klägernanwälte eine „monströse Kompetenzanmaßung“ nennt: Die Bereitschaft der EZB, Staatsanleihen zu kaufen. Die Fronten sind geklärt.

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Vor dem EuGh wird verhandelt, ob die EZB mit der Ankündigung der Bereitschaft zum Kauf von Staatsanleihen ihre Kompetenzen überschritten hat. Die Kläger ließen nun schonmal Dampf ab. Quelle: dpa

Luxemburg Im Rechtsstreit über den Rettungskurs in der Schuldenkrise haben die Kläger vor dem Europäischen Gerichtshof kein gutes Haar an der EZB gelassen. Die Europäische Zentralbank habe mit ihrer Ankündigung vom Sommer 2012, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern zu kaufen, ihre Kompetenzen überschritten und Wirtschafspolitik betrieben, sagte der Anwalt des CSU-Politikers Peter Gauweiler, einem der Kläger in dem Verfahren, am Dienstag bei der Verhandlung vor dem EuGH in Luxemburg. Nun verlange die Notenbank von dem Gericht nichts anderes, „als eine monströse Kompetenzanmaßung für rechtmäßig zu erklären“.

Mit dem von EZB-Präsident Mario Draghi in Aussicht gestellten Kaufprogramm verlagere die Notenbank Solvenzrisiken in Höhe immenser Milliardenbeträge von den Gläubigern der Krisenstaaten auf die Steuerzahler der Euro-Länder, kritisierte Gauweilers Anwalt Dietrich Murswiek. Der EZB-Vertreter Hans-Georg Kamann hielt dagegen, dass Draghi bereits im Juli 2012 darauf hingewiesen habe, mit dem Programm lediglich die fundamental nicht mehr gerechtfertigten Zinsaufschläge bei den Staatsanleihen von Krisenländern verringern zu wollen. Der Beschluss der EZB vom September 2012 sei eine notwendige und angemessene Reaktion auf die Euro-Schuldenkrise gewesen.

Die Luxemburger Richter unter ihrem griechischen Vorsitzenden Vasilios Skouris dürften in dem Fall erst in einigen Monaten ein Urteil fällen. Eine Stellungnahme des Generalanwalts beim EuGH, Pedro Cruz Villalon, wird für den 14. Januar erwartet. Sie ist für das Gericht nicht bindend, allerdings folgt das Gericht oft dessen Meinung.

Der Rechtsstreit über das sogenannte OMT-Programm muss in Luxemburg entschieden werden, nachdem im Februar das Bundesverfassungsgericht erstmals in seiner Geschichte dem EuGH ein Verfahren vorgelegt hat. Letztendlich werden die Karlsruher Richter aber eventuell auch noch selbst ein Urteil sprechen. In ihrer Vorlage an die Luxemburger Europa-Richter hatten sie deutlich gemacht, dass sie das Vorgehen der EZB kritisch sehen.


Gauweiler nennt die EZB „Zentralkomitee“

Die EZB hatte im Herbst 2012 mit dem Beschluss, notfalls die Gelddruckmaschine anzuwerfen und selbst Anleihen zu kaufen, den Kursverfall der Euro-Staatsanleihen gestoppt. Eingesetzt hat sie das Programm bisher nicht. Allein der Wink mit der - im Finanzjargon „Bazooka“ genannten - theoretisch unbegrenzten finanziellen Schlagkraft der EZB hat ausgereicht, um die Spekulanten gegen den Euro zum Rückzug zu zwingen. Der EZB-Beschluss hatte allerdings enorme Kritik ausgelöst: Den Klagen gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und das OMT-Programm hatten sich über 35.000 Deutsche angeschlossen.

Gauweiler warf der EZB vor, sich wie das Zentralkomitee der Sowjetunion zu verhalten: „Das Zentralkomitee ist von Moskau nach Frankfurt umgezogen“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. „Die EZB meint, dass sie über das Geld der EU-Mitgliedstaaten nach eigenem Gusto verfügen kann, aber die EU besteht aus parlamentarischen Demokratien.“ Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, warf der EZB vor, dass sie die Anleihenkäufe nur unter der Auflage von Sanierungsprogrammen für Krisenländer wie Griechenland vornehme. „Die Programme bedeuten einen gewaltigen Sozialabbau und die Verletzung von der Grundrechte-Charta für die griechischen Bürger.“

EZB-Anwalt Kamann argumentierte dagegen, dass Anleihenkäufe ein klassisches geldpolitisches Instrument seien, das auch schon die Bundesbank eingesetzt habe. Die EZB habe in ihrem OMT-Beschluss zudem nicht festgelegt, welche Staatsanleihen gekauft würden - sie gehe also nicht wie von den Klägern behauptet selektiv vor.

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