Putin-Kritiker Bill Browder "Russland ist ein Land der Verschwörungstheoretiker"

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"Ich habe mein Auslandskapital zurückgeholt."

Wie verlief Ihr weiteres Schicksal?

Am 13. November 2005 wurde ich nach einem Flug nach Moskau 15 Stunden festgehalten. Dann wurde ich ausgewiesen, als Gefahr für die nationale Sicherheit. Seither war ich nicht mehr in Russland.

Was passierte Ihrem Anwalt?

Als Wirtschaftsprüfer deckte Sergei Magnitski 2008 einen Fall von Korruption in höchsten Regierungskreisen auf. Daraufhin wurde er verhaftet, und zwar von den Funktionären, die er der Korruption beschuldigt hatte. Er kam in Untersuchungshaft, die von ihm des Diebstahls bezichtigten Leute versuchten, ihm die Tat anzuhängen und ihm ein Geständnis abzuringen. Er weigerte sich, wurde dann 358 Tage gefoltert und im Alter von 37 Jahren von acht brutalen Wachbeamten mit Gummiknüppeln zu Tode geprügelt.

Die Regierung sagt, es habe keine Folter gegeben, Magnitski sei an einem Herzinfarkt verstorben. Vorwürfe gegen involvierte Funktionäre wurden aufgehoben.

Mich quälen bis heute ständig schwere Schuldgefühle. Aber ich kann nicht viel mehr dagegen tun, als zu versuchen, die Leute zu finden, die ihn umgebracht haben, und sie einer Verurteilung zuführen.

Sie haben 2012 die Unterzeichnung des Magnitski-Aktes durch den US-Kongress bewirkt. Mit dem Gesetz wurden Einreisebeschränkungen gegen die beschuldigten Amtsträger bestätigt und ihre Vermögen in den USA eingefroren.

Und am 28. Januar dieses Jahres beantragten die Initiatoren des Magnitski-Aktes die Verabschiedung einer globalen Version dieses Gesetzes, die ähnliche Sanktionen weltweit vorsieht.

Wo investieren Sie derzeit?

Vor gut einem Jahr habe ich mein Auslandskapital zurückgeholt. Ich habe mein Geld in Schwellenländern gemacht, aber derzeit investiere ich dort nicht mehr. Rechtsstaatlichkeit, funktionierende Eigentumsrechte und ein stabiles politisches System sind mir viel wichtiger geworden.

Und was erwarten Sie in Russland?

Wenn die Sanktionen aufrechterhalten bleiben und der Ölpreis nicht schon bald steigt, wird Putin zum Schutz der Währungsreserven Währungs- und Kapitalverkehrskontrollen einführen müssen. Dann wird Kapital knapp werden und Investitionen werden ausbleiben. Danach sehe ich nur noch den in Venezuela von Präsident Hugo Chávez beschrittenen Weg von Enteignung und Verstaatlichung.

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