Putsch in Simbabwe Nach Mugabe ist vor der Zukunft

Das Militär hat Simbabwe nach dem Putsch fest im Griff. Doch die Generäle schweigen. Sie verhandeln heimlich über die Zukunft des Landes. Die Opposition scharrt mit den Hufen – es herrscht vorsichtiger Optimismus.

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Seit 1980 war der 93-Jährige in Simbabwe an der Macht. Wer nach dem Militärputsch die Nachfolge antritt, ist noch unklar. Quelle: dpa

Harare Die Soldaten vor dem Parlament in der Hauptstadt sitzen entspannt auf ihren gepanzerten Fahrzeugen, manche winken sogar vorbeifahrenden Passanten. Einer lehnt sich bequem auf die Ecke des Fahrzeugs, seine Maschinenpistole liegt lässig auf der Karosserie vor ihm. Kaum etwas deutet am Donnerstag darauf hin, dass der Militärputsch vom Vortag den größten Umbruch in Simbabwe seit der Unabhängigkeit von Großbritannien eingeleitet hat.

Im Zentrum von Harare ist alles friedlich, die Menschen gehen ihren Geschäften nach. Es scheint, als hätte jemand im Straßenbild schlicht die Polizei gegen etwas mehr Soldaten ausgetauscht. Doch unter der militarisierten aber friedlichen Oberfläche des Stadtbildes rumort es: Manche Simbabwer haben Angst vor den anstehenden Veränderungen, viele sind vorsichtig optimistisch, wieder andere sind vorsichtshalber seit gestern gar nicht aus dem Haus gegangen. In sozialen Medien brodelt derweil die Gerüchteküche auf dem Siedepunkt.

Der Anwalt Anesu Vusani Bangidza im wohlhabenden Stadtteil Avondale gehört zu den Optimisten. Er hat in seinem ganzen Leben nie jemanden anderen an der Macht erlebt als Präsident Robert Mugabe. Doch die Zukunft des Landes wird sich nun wohl ohne den unter Hausarrest gestellten 93-jährigen Mugabe entscheiden. „Sobald wir ihn loswerden, können wir mit dem, was er übrig gelassen hat, (das Land) wieder aufbauen“, gibt sich der 34-Jährige zuversichtlich.

Mugabe hat aus der früheren Kornkammer des südlichen Afrikas ein Armenhaus gemacht. „Der Putsch war eine notwendige Maßnahme“, sagt Bangidzas Freund Tafadzwa. Der 32-jährige Anwalt hat ironischerweise den gleichen Nachnamen wie der Staatschef, Mugabe. Sein greiser Namensvetter, der sich nächstes Jahr um eine weitere Amtszeit bewerben wollte, wäre wohl nie aus eigenen Stücken abgetreten. Für gut ausgebildete Menschen wie Bangidza verspricht der bevorstehende Umbruch gute Chancen. Eine Regierung, die demokratischer und kompetenter ist, könnte die siechende Wirtschaft endlich wieder ankurbeln und auch wieder ausländische Investoren anlocken.

Im Armenviertel Mbare hingegen, wo die meisten Bewohner arbeitslos sind und sich Großfamilien oft kleine Hütten teilen, herrscht am Donnerstag eher Skepsis. Der Putsch sei falsch gewesen, sagt Inashe Kaisa. „Ich habe Angst, dass es durch Mugabes Sturz einen Bürgerkrieg geben wird“, fügt der arbeitslose 32-Jährige hinzu. Viele der Bewohner wollen gar nicht mit Journalisten reden. Eine dreifache Mutter, die gerade an einem Brunnen Trinkwasser hochpumpt, sagt: „Ich habe Angst, ich habe Angst.“ Über Politik wolle sie aber lieber nicht reden, fügt die 40-jährige Straßenverkäuferin hinzu.

Im Schweigen üben sich auch die Generäle hinter dem Militärputsch. Bis Donnerstagnachmittag – gut 40 Stunden nach der Verkündung der Machtübernahme – hat sich niemand aus der neuen Führung geäußert. Generalstabschef Constantino Chiwenga hatte der Regierung noch am Tag vor dem Putsch öffentlich gedroht, seither schweigt er eisern. Es scheint, als wollten die Generäle erst Mugabes Abgang aushandeln. Am Donnerstag trafen auch Vermittler aus Südafrika ein.

Beobachter gehen davon aus, dass das Militär wohl einer Übergangsregierung den Weg bereiten will. Der Gewinner der Rochade ist vermutlich der vergangene Woche von Mugabe geschasste Vizepräsident Emmerson Mnangagwa (75), nach seinem Spitznamen meist nur „Krokodil“ genannt. Die Anführer der zersplitterten Opposition, der erkrankte Morgan Tsvangirai und die frühere Vizepräsidenten Joice Mujuru, scharren indes schon mit den Hufen. Sie haben den Putsch nicht offen verurteilt, fordern aber die Bildung einer Übergangsregierung für einen raschen Weg hin zu freien Wahlen. Ob sie bereit sind, mit Mnangagwa die Macht zu teilen, ist aber noch unklar.

Einig sind sich alle – von Putschisten bis Opposition – scheinbar nur in der Ablehnung der unbeliebten First Lady Grace Mugabe, die ihrem Mann im Amt nachfolgen wollte. „In Simbabwe ist es momentan so, dass der Feind meiner Feinde mein Freund ist“, bringt es Anwalt Bangidza auf den Punkt. Die frühere Sekretärin Mugabes gilt als abgehoben und machthungrig. Wegen ihrer Vorliebe für kostspielige Einkaufsreisen und Designerkleider wurde die 52-Jährige oft als „Gucci Grace“ verspottet. Jetzt kann sie wohl nur noch darauf hoffen, Mugabe fernab der Macht seine letzten Lebensjahre zu versüßen.

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