Qualität Chinesen graust es vor deutschen Standards

Unternehmen aus dem Reich der Mitte gieren nach der Qualitätskultur deutscher Mittelständler. Die Bedrängten können sich übernehmen lassen oder ihren Vorsprung ständig neu erobern.

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Noch nie flog Angela Merkel mit so vielen Managern und Unternehmern nach China wie in der zurückliegenden Woche. Denn die Wettbewerber dort ändern sich. Angreifer wie Manager Liu Wei vom Hausgeräte- und Fernsehhersteller Haier tun alles, um mit hoher Qualität zu punkten, gern auch mithilfe deutscher Mittelständler. Quelle: Nick Ryan für WirtschaftsWoche

Chinas Vorzeigeprodukte warten in einem schäbigen Plattenbau am Rande Shanghais auf Kundschaft. Am Eingang des Gebäudes döst eine Melonenverkäuferin in der Sonne, hinter ihr führt eine schmale, schmuddelige Rolltreppe nach oben. Dort findet sich der Laden: Waschmaschinen, Kühlschränke, auch Fernseher sind im Angebot.

Es ist die größte Shanghaier Filiale des chinesischen Unternehmens Haier, des Weltmarktführers bei Haushaltsgeräten. Der Standort sei bewusst gewählt, sagt Filialmanager Liu Wei: nah an den Kunden. „Die chinesische Mittelschicht hat immer mehr Geld. Hier werden viele Wohnungen verkauft. Die rüsten die Bewohner nach und nach mit Haushaltsgeräten aus“, sagt der 38-Jährige. In dem Außenbezirk leben 140.000 Menschen. Riesige Baustellen deuten an, dass es bald doppelt so viele sein werden. „So wie China wächst, wächst auch Haier“, sagt Liu.

Haier ist nicht nur in der Heimat erfolgreich. Das Unternehmen hat inzwischen einen weltweiten Marktanteil von 7,8 Prozent. Vorbilder sind nicht irgendwelche Billigheimer, sondern Premiumhersteller wie die deutschen Familienunternehmen Miele oder Liebherr. Deren Qualitätsniveau wollen die Chinesen früher oder später erreichen. „Die Qualität ist der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Filialleiter Liu. Bis zu zwölf Jahren Garantie gibt es in China auf Kühlschränke. Im Ausland passt sich das Unternehmen den jeweiligen Standards an. Die Geräte, die Haier nach Deutschland exportiert, tragen ein Siegel des TÜV.

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Deutsche Unternehmen im Zugzwang

Die versteckte Kampfansage von Haier an die beiden deutschen Familienunternehmen ist ein Warnsignal für viele Mittelständler zwischen Rhein und Oder. Denn wie der Kühlschrankbauer trachten auch andere Unternehmen aus China hiesigen Herstellern nach dem angestammten Geschäft. „Chinesische Firmen werden immer stärkere Konkurrenten“, sagt Christoph Angerbauer, General Manager der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Shanghai. „Wenn die deutschen Unternehmen nicht sofort auf neue Entwicklungen der Konkurrenz reagieren, kann es sein, dass sie überrannt werden.“

Auch in Branchen, die anders als Haier mangels guter Produktideen ausländischen Anbietern hinterherhinken, startet China jetzt eine Aufholjagd. Dazu pumpen die chinesische Regierung und die Wirtschaft immer mehr Geld in Forschung und Entwicklung. Waren es im Jahr 2000 gerade einmal 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die in Innovationen flossen, stieg der Wert binnen zehn Jahren auf 1,75 Prozent an. Das offizielle Ziel der chinesischen Regierung ist es, Anfang des nächsten Jahrzehntes immerhin 2,5 Prozent des BIPs für Forschung auszugeben. Deutschland investiert 2,8 Prozent. Der Vorsprung schmilzt.

Worauf sich die deutschen Mittelständler einstellen müssen, können sie am Siegeszug chinesischer Konzerne ablesen. In der Netzwerktechnik belegt Huawei heute weltweit Platz zwei hinter dem US-Anbieter Cisco. In der IT ist das chinesische Unternehmen Lenovo der zweitgrößte Computerhersteller. Und auf den Schienen ist die China South Locomotive & Rolling Stock Corporation (CSR) an die Weltspitze gefahren: CSR-Züge jagen mit 350 Stundenkilometern durch das Land.

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