„Lokale Hersteller haben erkannt, dass sie sich durch Qualität abheben können, und deshalb teilweise große Erfolge gehabt“, sagt Dirk von Wahl, Vorstandsvorsitzender des TÜV Süd für Greater China. Und die Aufholjagd gewinnt immer mehr an Tempo. „Chinesische Unternehmen kommen unseren Produkten immer näher“, sagt Maria Xenidou, Leiterin der Klebstoffforschung von Henkel in Shanghai. Damit setzen die Asiaten die etablierten Hersteller gewaltig unter Druck. „Bevor die Chinesen zum Beispiel einen Klebstoff produzieren können, der genauso leistungsfähig ist wie ein Produkt von uns, müssen wir bereits ein neues innovatives Henkel-Produkt entwickelt haben, das sie noch nicht herstellen können.“
Zu den ersten Opfern der chinesischen Aufholjagd gehörten deutsche Solarunternehmen wie Conergy aus Hamburg und Schüco aus Bielefeld. Während deren Umsätze mit Sonnenstromtechnik 2011 um knapp 20 Prozent sanken, verdoppelte ihr chinesischer Wettbewerber Astronergy aus Hangzhou südwestlich von Shanghai 2011 seinen Umsatz auf 573 Millionen Euro – bei einem Gewinn von 25,5 Millionen Euro. „Die Solarbranche ist ein gutes Beispiel, wie chinesische Unternehmen von westlichen gelernt haben und nun eigene Qualitätsprodukte auf den Markt bringen“, sagt Astronergy-Chef Liyou Yang.
Die Top-Ten-Hersteller kristalliner Solarmodule
Suntech ist der weltweit zu den größte Produzent im Segment kristalliner Photovoltaikmodule.
Allein für das Jahr 2012 vermelden die Chinesen produzierte Kapazitäten im Umfang von 2430 Megawatt. Für das Jahr 2011 meldeten sie 2400 Megawatt und für 2010 1830 Megawatt.
Das Marktforschungsunternehmen IHS iSuppli errechnete für beide Jahre eine geringere Produktionszahlen - 2185 Megawatt für 2011 und 1485 Megawatt für 2010.
Das ebenfalls aus China stammende Unternehmen Trina Solar prognostiziert für das Jahr 2012 Produktionskapazitäten von 2400 Megawatt.
Das sind 500 Megawatt mehr als für 2011 und 1200 Megawatt als für 2010 prognostiziert.
Die tatsächlich gemeldete Produktion unterschreitet diese Zahlen noch. Im Jahr 2011 belief sich diese auf 1702 Megawatt, 2010 auf 912 Megawatt.
Das Unternehmen Canadian Solar, mit Sitz in Ontario, ist der weltweit drittgrößte Hersteller kristalliner Solarmodule.
Laut Unternehmensangaben wird für das Jahr 2012 eine Produktion von 2050 Megawatt erwartet. Die gleiche Schätzung wurde für das Jahr 2011 abgegeben, dürfte aber laut IHS iSuppli bei 1.426 Megawatt anzusiedeln sein.
Auch für das Jahr 2010 differieren die Zahlen stark: Canadian Solar meldete Kapazitäten von 1300 Megawatt, IHS iSuppli berechnete nur 937 Megawatt.
Auch der Hersteller Yingli Green Energy sitzt in China, genauer in der Provinz Hebei.
Die Firma erwartet für das Jahr 2012 Kapazitäten von insgesamt 2450 Megawatt. Dies wäre eine enorme Steigerung zu den Vorjahren, 2011 waren es 1700 Megawatt und 2010 1000.
In beiden Jahren berechnet IHS iSuppli die Kapazitäten geringer, 2011 sind es 1121 Megawatt und 2010 937 Megawatt.
Der japanische Elektronikkonzern Sharp ist im Bereich kristalliner Photovoltaikmodule gut aufgestellt. Die Prognosen für die beiden letzten Jahre belaufen sich auf jeweils 1295 Megawatt. 2010 waren es noch 1055 Megawatt.
Die von IHS iSuppli errechnete Kapazitäten fallen in beiden Jahren etwas geringer aus: 2011 kommen die Marktforscher bloß auf 963 Megawatt, 2010 auf 858 Megawatt.
Der chinesische Hersteller Hanwha SolarOne erwartet im Jahr 2012 die gleichen Kapazitäten wie im Vorjahr: 1500 Megawatt. 2010 beliefen sich die Erwartungen auf 900 Megawatt.
Ähnlich schätzt auch IHS iSuppli die Werte ein, 2011 errechneten sie eine Produktion von 919 Megawatt, 2010 612 Megawatt.
Ebenfalls aus dem Reich der Mitte stammt der Konzern LDK. Für die Jahre 2012 und 2011 meldete er jeweils Kapazitäten von 2600 Megawatt. Für das Jahr davor 1500 Megawatt.
Die Marktforscher von IHS iSuppli stuften die Produktion sehr viel geringer ein, sie kamen im Jahr 2011 auf 795 Megawatt, 2010 auf 610 Megawatt.
Der Jinko-Konzern prognostiziert für das Jahr 2012 1200 Megawatt an kristallinen Modulen, die gleiche Anzahl an wie Jahr zuvor. Im Jahr 2010 wurde mit 600 Megawatt knapp die Hälfte erwartet.
IHS iSuppli berechnete die Produktion für 2011 auf 749 Megawatt, 2010 auf bloß 274 Megawatt.
Das Unternehmen Jabil Circuit wurde 1966 in den USA gegründet, noch heute hat es seinen Sitz in St. Petersburg, Florida.
Für 2012 und 2011 erwartete das Unternehmen jeweils Produktionskapazitäten von 1020 Megawatt. Im Jahr 2010 waren es 740 Megawatt.
Das Marktforschungsunternehmen IHS iSuppli kalkulierte 716 Megawatt für 2011 und 584 Megawatt für 2010.
Kleinster Hersteller unter den großen ist die deutsche Firma SolarWorld.
Sie meldete für 2012 und 2011 950 Megawatt produzierte Solarmodule. Für das Jahr 2010 fiel die Angabe mit 940 Megawatt etwas geringer aus.
IHS iSuppli kam bei der Berechnung der Produktion für 2011 auf 711 Megawatt, 2010 auf 546 Megawatt.
Er bewundert die Qualitätsstandards des deutschen Mittelstands. „Sie sind grausam, aber gut“, sagt der 50-Jährige. Liyou hat die Standards deshalb auch in seinem Unternehmen etabliert. Dafür holte er 2006 direkt nach der Gründung deutsche Experten in die Zentrale. Sechs Monate lang arbeiteten sie Tag und Nacht im Werk.
Vom deutschen Perfektionismus
Liyou erlebte den Umbau zum Qualitätshersteller als einen einzigen Leidensprozess. Die deutschen Fachleute zeigten den chinesischen Arbeitern immer wieder ihre Grenzen. Sie scheiterten zunächst immer wieder daran, die hohen Qualitätsstandards einzuhalten. „Die Mentalität ist einfach eine andere“, sagt Liyou. „Wenn Chinesen etwas perfekt finden, erkennt der Deutsche immer noch Details, die sich verbessern lassen.“
Heute sind die deutschen Qualitätsvorstellungen in Liyous Fabrik Standard: „Das schreibt uns der Markt vor, um im Wettbewerb zu bestehen“, sagt er. Was Liyou im Kleinen durchlebte, erlebte China im Großen, nachdem der langjährige Premierminister Zhou Enlai das Land Ende der Siebzigerjahre für die Marktwirtschaft öffnete. Unter den Ersten, die deutsche Mittelständler ins Visier nahmen und sich ihrer bedienten, war Haier. Zhang Ruimin, der heute noch Vorstandsvorsitzender ist, übernahm vor etwa einem Vierteljahrhundert die Kühlschrankfabrik im ostchinesischen Qingdao.
Eine Geschäftsreise nach Deutschland führte ihm die ernüchternde Qualität der eigenen Produkte vor Augen. Zurück in China ließ er Arbeiter mit Vorschlaghämmern 76 defekte Kühlschränke zerschlagen. Um hochwertige Geräte zu produzieren, ging Ruimin ein Joint Venture mit dem deutschen Kühlgerätebauer Liebherr ein.
China in Shoppinglaune
Das Beispiel, auf diese Weise von westlichen Unternehmen Know-how abzuschöpfen, machte Schule. Lange waren solche Kooperationen für ausländische Unternehmen, die auf den chinesischen Markt drängten, Pflicht. Doch seit dem Jahr 2001 baut China seine Joint-Venture-Verpflichtungen schrittweise ab. An ihre Stelle tritt nun eine neue Strategie, auf die sich die deutschen Mittelständler gefasst machen müssen: die direkte Übernahme.
Nicht nur Haier geht jetzt so vor, zuletzt durch den Kauf des japanischen Elektronikherstellers Sanyo. Auch in Deutschland gehen chinesische Unternehmen auf Einkaufstour. Die Regierung des Riesenreichs unterstützt die Übernahmen. Im Fünfjahresplan ist explizit festgehalten, dass chinesische Unternehmen mehr ausländische Produzenten aufkaufen. Für Schlagzeilen sorgte der geplante Kauf der ThyssenKrupp-Tocher Taylored Blanks durch Wuhan Iron and Steel und der mögliche Einstieg der Shandong Heavy Industry beim Wiesbadener Gabelstaplerbauer Kion.