Dass die Expertise der Chinesen beständig wächst, zeigt auch die Zahl der Patentanmeldungen. Laut World Intellectual Property Organization (WIPO) verzeichnete China 2010 über 293.000 Patentanmeldungen – 11-mal so viel wie im Jahr 2000. Das sind knapp ein Fünftel aller Anmeldungen weltweit, nur die USA liegen mit 24,8 Prozent noch knapp auf Platz eins. Allerdings sieht AHK-Chef Christoph Angerbauer dabei noch mehr Masse als Klasse: „Die Definition von ‚neu‘ wird hier sehr breit ausgelegt“, sagt er. „Viele Patentanträge würden in Deutschland gar nicht durchgehen.“
Dennoch: Auch ohne die vielen Pseudopatente bleibt China einer der führenden Forschungs- und Entwicklungsstandorte weltweit. Viele deutsche Unternehmen haben erkannt, dass es besser ist, die Potenziale des größten Landes der Erde zu nutzen, statt verängstigt auf die chinesischen Konkurrenten zu starren.
Etwa jedes zehnte Unternehmen, das sich in China niederlässt, investiert am neuen Standort in Forschung und Entwicklung, ist das Ergebnis einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe. In der Regel bauen die Neuankömmlinge drei bis fünf Jahre nach dem Anlauf der Produktion in China Entwicklungsabteilungen auf.
In China forschen
Vorreiter bei diesem Trend sind noch die Konzerne. So fördern Volkswagen und Bosch Stiftungsprofessuren an der Shanghaier Tongji-Universität. BMW hat im April zwei neue Entwicklungszentren in Shanghai eröffnet. Siemens Corporate Technology China, in den die regionalen Forschungsaktivitäten von Siemens zusammenfasst sind, wurde sogar von dem chinesischen Wirtschaftsmagazin „Global Entrepreneur“ in drei aufeinanderfolgenden Jahren zum besten Forschungs- und Entwicklungszentrum des Landes gekürt.
Doch auch mittelständische Unternehmen haben begonnen, im bevölkerungsreichsten Land der Welt Entwicklungszentren aufzuziehen. Der Münchner Elektronikhersteller Spinner, ein Mittelständler mit 1.300 Mitarbeitern, richtete bereits vor fünf Jahren in seiner Shanghaier Niederlassung eine Entwicklungsabteilung ein. Auch der hessische Heizungsbauer Viessmann forscht in China.
Deutsche Mittelständler sollten sich nicht von den Exporterfolgen ihrer Qualitätsprodukte blenden lassen, warnen Experten. Für AHK-Chef Angerbauer ist klar, dass chinesische Unternehmen sich davon ohnehin nicht aufhalten lassen: „China war 5.000 Jahre lang eine Weltmacht, nur in den letzten 200 Jahren nicht. Aus Sicht der Chinesen pendelt sich gerade nur das natürliche Gleichgewicht wieder ein.“