Reaktion auf Verbalattacken Deutsche Politiker fordern Einfrieren von Erdogan-Vermögen

Nach den Verbalattacken aus der Türkei wird die Kritik schärfer. So gibt es etwa die Forderung, das Auslandsvermögen des Erdogan-Clans einzufrieren. Derweil wurde die Frau von Sigmar Gabriel „bedrängt und belästigt“.

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Berlin Nach den verbalen Attacken der türkischen Staatsspitze gegen deutsche Politiker wird in Deutschland der Ruf nach Strafmaßnahmen gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan laut. Ein Hebel sei es, das Auslandsvermögen des Erdogan-Clans einzufrieren, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter am Dienstag im RBB-Inforadio.

Auch die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen brachte „Kontensperrungen und das Einfrieren von illegal ins Ausland geschafften Vermögen des Erdogan-Clans“ ins Spiel. Außenminister Sigmar Gabriel berichtete im Zusammenhang mit den aktuellen Auseinandersetzungen über persönliche Drohungen gegen seine Familie.

Von Erdogans Art und Weise fühlten sich einige in Deutschland offensichtlich motiviert und versuchten seine Frau „zu bedrängen und zu belästigen“, sagte Gabriel am Montagabend bei einer Veranstaltung. Dies empfinde er als ein „schlimmes Ergebnis“. Medienberichten zufolge wurden auf den Anrufbeantworter in der Zahnarztpraxis seiner Ehefrau Drohungen gesprochen.

Erdogan hatte Gabriel am Wochenende scharf angegriffen und ihm eine ausreichende politische Kompetenz abgesprochen. Hintergrund ist der Streit über Erdogans Aufruf an Deutsch-Türken bei der Bundestagswahl nicht für Union, SPD und Grünen zu stimmen, was Gabriel kritisiert hatte. Der Vizekanzler wandte sich in deutlichen Worten auch gegen die Verhaftung des deutschen Schriftstellers Dogan Akhanli auf Betreiben der Türkei in Spanien. Der Autor ist inzwischen wieder auf freiem Fuß, muss aber in Madrid bleiben.

Kiesewetter sagte zu seiner Forderung nach Einfrieren des Auslandsvermögens des Erdogan-Clans, es gehe ihm um Maßnahmen auf europäischer Ebene. Dagdelen forderte, die Bundesregierung müsse sich für den formalen Stopp der EU-Beitrittsgespräche mit Ankara stark machen. Nur so könnten endlich auch die Hilfsgelder in Höhe von 630 Millionen Euro jährlich eingefroren werden.

Dagdelen, die sich regelmäßig kritisch gegen Erdogan zu Wort meldet, erhält seit dem vergangenen Jahr Polizeischutz. Erst ist in diesem Monat hätten nach einem TV-Auftritt Beleidigungen und Bedrohungen im Netz gegen die Linken-Abgeordnete massiv zugenommen, nachdem es in AKP-nahen Zeitungen Hetzartikel gegeben habe, teilte ihr Büro mit. Am Montag wurde die Linke-„Wahlkampfhütte“ in Bochum Ziel eines Einbruchs und von Verwüstungen.

In der Nacht zu Dienstag brannten auch zwei Autos der SPD-Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering in Herne aus. Der Hintergrund ist allerdings unklar. Müntefering ist Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe und befand sich unlängst auf einer Liste des türkischen Geheimdienstes MIT angeblicher Staatsfeinde.

Allerdings waren im Frühjahr in der Stadt auch schon drei Mal Fahrzeuge eines CDU-Landtagskandidaten angezündet worden. Die Abgeordnete äußerte sich zu möglichen Motiven nicht, erklärte aber, solche Angriffe zielten auf das demokratische System insgesamt.

Im Zusammenhang mit der Verhaftung Akhanlis wurde erneut der Ruf nach Konsequenzen für die Zusammenarbeit im Rahmen der internationalen Polizeibehörde Interpol laut. Justizminister Heiko Maas sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch): „Wir sollten zumindest innerhalb der EU dringend in einen intensiveren Dialog darüber einsteigen, wie wir mit Fahndungsersuchen aus der Türkei umgehen.“ Das rechtsstaatliche Europa dürfe nicht zulassen, dass jeder Kritiker des türkischen Regimes der willkürlichen Verfolgung ausgesetzt sei.

Gabriel forderte unterdessen in der „Rheinischen Post“ Erdogan abermals zur Freilassung der verhafteten Deutschen Deniz Yücel, Mesale Tolu und Peter Steudtner auf. Es gehe nicht an, dass die drei und andere Deutsche aus politischen Gründen „als Faustpfand der türkischen Regierung“ herhalten müssten.

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