Reformpläne zum Urheberrecht Wie die EU die Zeitungsbranche im Internet-Zeitalter stärken will

Die EU-Kommission will das Urheberrecht überholen. Schon vor der offiziellen Präsentation haben die Pläne für Aufregung gesorgt. Was Verleger freut, bringt Netzaktivisten auf die Palme.

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Der Digitalkommissar will Piraterie verhindern. Quelle: dpa

Straßburg Um die Zeitungsbranche im Internet-Zeitalter zu stärken, will die EU-Kommission Verlegern mehr Rechte an Online-Inhalten geben. Sie sollen damit eine ähnliche Stellung wie Film- oder Musikproduzenten erhalten. Die vorgeschlagenen Reformen sollten auch einen Anreiz für Investitionen geben, erklärte der EU-Kommissar für Digitalwirtschaft, Günther Oettinger.

„Wir wollen Piraterie verhindern und wir wollen die Online-Plattformen in die Verantwortung bringen, von dem, was sie an Werbung in großem Umfang verdienen, einen fairen Anteil (...) an Verlage und an Kreativschaffende weiterzugeben“, sagte Oettinger. Die Pläne der EU-Kommission brauchen noch die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments.

Im Vorfeld hatte es viel Gegenwind etwa von Piraten, Grünen und Netzaktivisten gegeben. Der Vorschlag sei „Gift für die freie Rede der Europäer, Gift für die europäische Wirtschaft und Gift für die Kreativität“, beklagte Joe McNamee von der Organisation European Digital Rights. Kritiker fürchten unter anderem, dass Angebote wie Google News, die Links zu aktuellen Artikeln mit kurzen Textausschnitten sammeln, damit vom Markt verschwinden könnten. Google erklärte: „Wir glauben, es gibt einen besseren Weg.“ Der Schlüssel für die Zukunft der Nachrichtenbranche liege „in Innovation und Partnerschaft, nicht in lähmenden Vorschriften und verordneter Förderung“.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßten die Pläne hingegen. „Täglich entstehen in europäischen Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen Tausende aufwendig produzierte Artikel, die im Internetzeitalter aber in Sekundenschnelle von Dritten ausschnittsweise oder komplett übernommen, verwertet und vermarktet werden können“, erklärten die Branchenverbände. „Dieser kommerziellen Nutzung standen die Presseverlage bislang ohne eigene Rechte und damit vielfach schutzlos gegenüber.“ Das Recht zur Verlinkung von Inhalten werde nicht leiden. Kommissions-Vizepräsident Andrus Ansip versicherte: „Hyperlinks werden in Zukunft nicht besteuert.“

Mit Blick auf die Entscheidung von Google, den Dienst Google News mit Links zu Medieninhalten nach der Einführung einer Lizenzierungspflicht abzuschalten, zeigte sich Oettinger zuversichtlich, dass in großem EU-Maßstab anders laufen werde. „Eine Online-Plattform (...) wie Google ist bereit, auf einen Teilmarkt wie Spanien zu verzichten, aber der europäische Binnenmarkt mit 510 Millionen Menschen (...) ist für jeden globalen Player so wichtig, dass er auf ihn nicht verzichten will“, sagte der Digitalkommissar.

Online-Plattformen, bei denen Nutzer selbst Videos oder Musik hochladen können, will die EU-Kommission beim Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen stärker in die Pflicht nehmen. Sie sollen beispielsweise mit Hilfe von Programmen wie YouTubes Content ID selbst nach Inhalten zu suchen, die Urheberrechte verletzen. Content ID wurde bei der Google-Videoplattform entwickelt, um urheberrechtlich geschützte Inhalte in von Nutzern hochgeladenem Material zu erkennen.

Wer Online-Mediatheken von Sendern nutzt, kann derweil hoffen, dass er mehr Zugriff auf Inhalte im europäischen Ausland bekommt. Auch Internet-Fernsehen (IPTV) aus anderen EU-Staaten sollen besser zugänglich werden.

Damit Radio- oder TV-Sender Filme, Nachrichtensendungen oder Musik ausstrahlen können, brauchen sie die Erlaubnis der Rechteinhaber. Das gilt auch für die Ausstrahlung im Ausland. Da pro Sendung viele Rechte berührt sein können, nutzen die Sender vereinfachte Verfahren.

Die aktuellen EU-Regeln sehen diese allerdings nur für die Ausstrahlung über Satellit oder Kabel vor. Für die Verbreitung im Internet fehlen sie. Deshalb will die EU-Kommission nun nachziehen. Vor allem das Angebot an Nachrichtensendungen könnte dadurch nach Einschätzungen aus der Branche steigen, weil hier in der Regel vergleichsweise wenig Rechte abzuklären sind.

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