Euklid Tsakalotos wirkte gelöst, als er am Samstagabend, seinen roten Rucksack geschultert, aus dem Athener Hilton-Hotel kam. „Wir haben eine Einigung“ verkündete der griechische Finanzminister frohgemut den wartenden Reportern. Nicht nur Tsakalotos ist erleichtert. In Brüssel feierte Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis die Übereinkunft als „gute Nachricht für Griechenland und Europa“. Wenn die Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel zu ihrem letzten Treffen des Jahres zusammenkommen, darf der Grieche Tsakalotos auch dort auf Lob aus dem Mund seiner Kollegen hoffen.
Fünf Tage lang berieten der Finanzminister und mehrere seiner Kabinettskollegen in intensiven Gesprächen mit den Vertretern der Geldgeberinstitutionen – des Euro-Stabilitätsfonds ESM, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) - über die nächsten Schritte des Anpassungsprogramms, das Griechenland im Gegenzug zu den gewährten Hilfskrediten abarbeiten muss. Die am Samstag erzielte Einigung auf Arbeitsebene, das so genannte „Staff Level Agreement“, zeigt: Athen liegt mit der Umsetzung der Spar- und Reformvorgaben im Zeitplan – endlich.
Das ist ein kleines Wunder, nachdem sich die vorangegangene zweite Prüfung um mehr als ein Jahr verzögert hatte. Aber jetzt drückt der griechische Premier Alexis Tsipras aufs Tempo. Er hat seinen Landsleuten versprochen, das Programm fristgerecht bis zum 20. August 2018 abzuschließen. Bis dahin muss Athen noch eine vierte Prüfrunde absolvieren. Sie soll im Mai oder Juni abgehakt werden. Tsipras weiß: Wenn er diesen Terminplan einhalten will, kann er sich keine weiteren Verzögerungen leisten.
Athen sagte jetzt Reformen zu, um die zum Teil schon seit Jahren gerungen wird. So gestand die Regierung den Gläubigern nach langem Sträuben einen wichtigen Schritt zur Öffnung des Energiemarktes zu: Vier Braunkohlekraftwerke des staatlichen Stromversorgers DEI sollen privatisiert werden. Die Gewerkschaft der DEI-Bediensteten, die zu den privilegiertesten Beschäftigen im öffentlichen Dienst des Landes gehören, haben bereits Streiks und Proteste angekündigt. Auf erbitterten Widerstand der Gewerkschaften stößt auch eine jetzt zugesagte Änderung des Streikrechts. Derzeit können die Gewerkschaftsvorstände praktisch nach Gutdünken Arbeitskämpfe ausrufen. Künftig bedarf es dazu einer Urabstimmung, in der mindestens 51 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder zustimmen müssen.
Eine einschneidende Veränderung gibt es auch in der Ministerialbürokratie. Bisher wurden in Griechenland nach jedem Regierungswechsel alle Schlüsselstellungen in den Ministerien neu besetzt, mit Gefolgsleuten der jeweiligen Regierungspartei, oft unabhängig von deren Qualifikation. In Zukunft müssen diese Stellen öffentlich ausgeschrieben werden. Davon versprechen sich die Geldgeber mehr Fachkompetenz und weniger politische Vetternwirtschaft in den Ministerien. Betroffen von der neuen Regelung sind knapp 4000 Posten, von den 15 Generalsekretären der Ministerien über die Direktoren bis hinunter zu den fast 3200 Abteilungsleitern. Die Stellen müssen bis Mitte 2018 neu besetzt werden.