Regeln des IS – vom Bart bis zur Sklavin Die Bürokratie des Terrors

Almosen, Bartlänge, Haltung von Sklavinnen: Das Regelwerk der IS-Anhänger ist so vielseitig wie grausam. Zurückgelassene Unterlagen offenbaren den Schrecken, den die Terroristen über die besetzten Gebiete gebracht haben.

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Rund um Mossul haben sich die irakischen Soldaten vorgekämpft. Doch der IS hat in ihren Dörfern Spuren hinterlassen. Quelle: dpa

Dorf für Dorf haben sich die irakischen Soldaten und Milizionäre in den vergangenen Wochen rund um die irakische Großstadt Mossul vorgekämpft. Immer weiter ziehen sich Anhänger der Extremistenmiliz Islamischer Staat zurück. Dabei hinterlassen sie in eroberten Dörfern Unterlagen und Plakate, die einen Einblick in ihr strenges und umfassendes Regelwerk erlauben. Von der richtigen Bartlänge, über die Gabe von Almosen bis zur Behandlung von Sklavinnen: Die radikalen Islamisten haben viele Lebensbereiche bis ins Detail geregelt.

Die Dokumente fanden Reuters-Reporter in Büros vor, die bis vor wenigen Tagen von IS-Anhängern genutzt wurden. Zwar konnte die Echtheit nicht bestätigt werden, doch Mitglieder der irakischen Streitkräfte erklärten, diese seien authentisch. Wer unter der IS-Herrschaft gegen die Regeln verstieß, wurde Dorfbewohnern zufolge bestraft: Dies reichte vom öffentlichen Auspeitschen bis zur Hinrichtung in Mossul, wo der IS vor gut zwei Jahren sein Kalifat ausgerufen hatte.

Die Extremisten ordneten etwa auf einer Karte in der Größe eines Portemonnaies an, wie die Bewohner richtig zu beten haben und wie die Füße dafür gewaschen werden sollen. Almosen – die im Islam vorgeschrieben sind – werden in einem fünfseitigen Heft erklärt, auf dem Goldarmbänder, Diamantringe und Getreide abgebildet sind. Wer sind sich nicht daran hält, muss mit Strafen rechnen.

Im Dorf Schura, wo kürzlich sieben Selbstmordattentäter beim Sturm auf die Armee erschossen wurden, führten die Extremisten penibel genau auf, wer wie viele Almosen abgeliefert hat. In den Einträgen wurde auch vermerkt, ob ein Bewohner Gold, Immobilien oder Autos besitzt. Zudem wurden die Monatsgehälter notiert.


Viele Frauen versklavt

Dem IS war es im Irak anders als der Al-Kaida gelungen, weite Teile des Landes unter seine Kontrolle zu bringen und in den eroberten Gebieten eine Verwaltung aufzubauen. Bei ihrem Vormarsch begingen die Dschihadisten auch Gräueltaten an der Bevölkerung. So wurden viele Andersgläubige ermordet sowie versklavt und unter IS-Kämpfern verteilt.

Dies ist nach ihren eigenen Regeln erlaubt. Details sind in einem Heft geregelt, das 32 Fragen und Antworten enthält. „Nichtmuslimische Frauen dürfen Konkubinen sein“, heißt es darin. Kämpfer können demnach zwei Schwestern gleichzeitig besitzen, aber nur mit einer von ihnen Sex haben. Auch für Kindesmissbrauch gibt es einen Freibrief. Mädchen, die vor der Pubertät stünden, könnten Konkubinen werden. „Sex mit Eindringen ist verboten, aber Ihr könnt Euch an ihnen erfreuen“, heißt es in den Anweisungen.

In einer Frage geht es darum, ob sich mehrere Dschihadisten eine Sklavin teilen können. Die Antwort: Nur ein Besitzer darf mit ihr schlafen. Opfer der IS-Kämpfer wurden auf dem Vormarsch vor allem Jesiden. Angehörige dieser Minderheit werden von den radikalen Sunniten als Ungläubige betrachtet. Hunderte jesidische Frauen fielen die Hände der Extremisten.

Nach den Regeln der Gruppe müssen Frauen vor allem zu Hause bleiben und in der Öffentlichkeit einen schwarzen Ganzkörperschleier tragen. Männern ist es dagegen sogar erlaubt, kurze Hosen zu tragen. Der Bart muss aber die richtige Länge haben. In einem der Merkblätter wird zunächst erklärt, was eigentlich ein Bart ist. Es handele sich um „Haar, das in deinem Gesicht und auf deiner Wange wächst“.

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