Regionalwahlen in Spanien Linke Parteien punkten, Rajoy erleidet Schlappe

Es könnte ein Vorgeschmack auf die Parlamentswahlen im Herbst sein: Bei den spanischen Regionalwahlen müssen die etablierten Parteien Federn lassen. Nutznießer sind die linken Parteien Podemos und Ciudadanos.

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Podemos-Parteichef Pablo Iglesias kann für seine Bewegung bei den Regionalwahlen wichtige Stimmen einsammeln. Quelle: AFP

Madrid Bei den Regionalwahlen in Spanien haben die etablierten Parteien teils herbe Verluste hinnehmen müssen. Ihr Stimmenanteil schwand von 65 Prozent im Jahr 2011 auf nun nur noch 52 Prozent, wie nach Auszählung von rund 90 Prozent der Wahlzettel bekanntwurde. Die Nutznießer waren die neuen Parteien Podemos und Ciudadanos, die aus dem Stand Sitze eroberten. Die ehemaligen Graswurzelorganisationen sind erst seit gut einem Jahr auf der nationalen Bühne aktiv. Die Abstimmungen galten als ein wichtiger Test für die landesweite Parlamentswahl im Herbst.

Zur Wahl standen am Sonntag mehr als 8.100 Rathäuser sowie 13 von 17 Regionalparlamente. Die Urnengänge galten als Stimmungsbarometer für die für Ende des Jahres vorgesehenen Parlamentswahl. Zuletzt hatten Korruptionsskandale die Unzufriedenheit mit den Volksparteien – der regierenden konservativen PP und den Sozialisten – allerdings zusätzlich angefacht. Podemos und Ciudadanos traten hingegen mit dem Versprechen an, in Zeiten von Politaffären, harschen Sparmaßnahmen und hoher Arbeitslosigkeit den Wandel zu bringen.

Am Ende blieb die von einigen Beobachtern erwartete Wahlkatastrophe für die PP und die Sozialisten zwar aus. Doch Podemos und Ciudadanos landeten auf dem dritten und vierten Platz – und dürften in etlichen Regionalregierungen zum Zünglein an der Waage werden. „Wir hätten gern einen schnelleren Niedergang der alten Parteien erlebt“, sagte der Vorsitzende von Podemos, Pablo Iglesias. „Doch die Umstände zwingen uns zum Weiterarbeiten.“

Eine bittere Niederlage musste die PP im Kampf ums prestigeträchtige Rathaus der Hauptstadt Madrid einstecken, das sie seit mehr als 20 Jahren kontrolliert hatte. Dort ging eine Koalition neuer Parteien, darunter Podemos, als Sieger hervor. In Barcelona entthronte die von Podemos gestützte Aktivistin Ada Colau das seit langem dominante konservative Parteienbündnis Convergència i Unió. Colau setzt sich vor allem gegen Zwangsräumungen ein.


Rajoys Volkspartei ohne Selbstkritik

Noch bei den letzten Regionalwahlen vor vier Jahren hatte die PP in acht Kommunen die absolute Mehrheit errungen und damit ohne Allianzen auskommen können. Doch nun reichte es dort für die Regierungspartei nicht zur Dominanz. Das bedeutet, dass die PP Pakte mit anderen Parteien eingehen muss.

„Die Wahlen haben die Fragmentierung des spanischen Parteiensystems und die große Beliebtheit der neuen Parteien bestätigt“, kommentierte Antonio Barroso von der Londoner Politikberatung Teneo. „Doch die Volksparteien werden überleben und die Hauptakteure bleiben.“ Die zunehmende Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Spaniens werde PP-Chef und Ministerpräsident Mariano Rajoy zur Wiederwahl verhelfen, sagte Barroso zudem voraus.

„Die Wahlergebnisse verdeutlichen das intensive Verlangen der Spanier nach einem politischen Wandel. Die etablierten Parteien waren in den vergangenen Jahren nicht in der Lage gewesen, auf die Krise angemessen zu reagieren“, kommentierte am Montag Spaniens zweitgrößte, eigentlich eher konservativ orientierte, Tageszeitung „El Mundo“.

„Spanien erlebte einen kräftigen Linksruck. Ministerpräsident Mariano Rajoy ist mit seiner Strategie gescheitert. Die PP-Führung vermied in der Wahlnacht jede Selbstkritik. Dies ist der beste Weg zu einer Katastrophe bei der Parlamentswahl im Herbst.“


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