Regisseur Michael Moore "Der freie Markt existiert nicht mehr"

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Immerhin hat diese Nation einen Barack Obama ins Amt gewählt.

Sie hat ihn zwar gewählt, aber sie unterstützt ihn nicht mehr. Die Amerikaner müssen sich wieder für diesen Präsidenten engagieren. Er ist immer noch unsere beste Chance, um aus dieser Krise herauszukommen. Stellen Sie sich vor, der Dummkopf von früher wäre immer noch an der Macht. Der hat dieses Schlamassel ja mit angerichtet. Seine Regierung deregulierte die Finanzmärkte und ließ die Banken treiben, was sie wollen.

Woher kommt die Vorliebe der Amerikaner für republikanische Regierungen?

Die Geschichte hat gezeigt, dass die Politiker der Rechten die Menschen leichter überzeugen konnten. Denn diese Leute appellieren an ganz bestimmte Instinkte: „Ich bin dein Führer, ich kümmere mich um dich. Wenn es dir schlecht geht, ist das nicht deine Schuld, sondern die der anderen.“ Das funktioniert – übrigens nicht nur in Amerika. Als Ronald Reagan kam, liebten die Leute diese Botschaft: „Ihr seid okay. Amerika ist großartig, zur Hölle mit dem Rest der Welt.“

Dann müssten Sie mit Ihren Filmen auf verlorenem Posten kämpfen. Mit „Fahrenheit 9/11“ gelang es Ihnen ja auch nicht, die Wiederwahl von George W. Bush zu verhindern.

Kurzfristig hatte der Film keine Wirkung, das gebe ich zu. Aber langfristig durchaus. Ich war der erste, der es wagte, eine Salve auf die Bush-Regierung abzufeuern, was mir viele Schmähungen eingetragen hat. Aber ich habe andere Leute ermuntert, über Bush zu schreiben und Filme zu machen.

Und zwei, drei Jahre später unterstützte ihn die Mehrheit der Amerikaner nicht mehr. Bei meinem Film über das US-Gesundheitswesen, „Sicko“ vor zwei Jahren war es ähnlich. Jetzt führen wir eine nationale Debatte über eine allgemeine Krankenversicherung, die es damals nicht gab. Und mal sehen, was mit diesem Film passiert. Kapitalismus ist bei uns eine heilige Kuh – bislang hat niemand es gewagt, sie zu schlachten.

Man sagt Ihnen allerdings auch nach, dass Sie die Fakten für Ihre Zwecke ein wenig zurechtbiegen.

Dreimal dürfen Sie raten, wer dieses Gerücht in die Welt setzt. Ich bin eine Gefahr für Politiker und Konzerne, weil ich linke Politik massentauglich mache. Deshalb gibt man viel Geld dafür aus, mich zu diskreditieren. Wendell Potter, ein ehemaliger Top-Manager des großen Krankenversicherers Cigna, bestätigte in einer großen US-Talkshow, dass es eine solche Schmutzkampagne gegen mich und meinen Film gab. Aber gerade weil man mich so genau unter die Lupe nimmt, behaupte ich nichts in meinen Filmen, was nicht mindestens von drei Quellen bestätigt wurde.

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