Nach 20 Minuten Fahrt hält Nathans Zug zum ersten Mal. Der Stopp in Dongchong, einem Vorort von Guangzhou dauert nur ein paar Augenblicke. Kurz darauf überquert der Zug den Perlfluss, eine gewaltige, gelbe, zäh fließende Brühe, der etwas weiter südlich ins Meer mündet. Der Weg nach Shenzhen führt über das Ostufer des Deltas. Nächster Halt, weitere 20 Minuten später, ist die Fabrikstadt Dongguan.
Wenn Eric Xie vom Guangzhou-Investment-Büro über die Verkehrsinfrastruktur im Delta spricht, gerät er ins Schwärmen. „Das U-Bahn-Netz von Guangzhou misst schon 300 Kilometer, weitere 300 sind im Bau“, sagt er. 4,5 Millionen Menschen befördert die U-Bahn täglich. „Schon heute sind die Städte Foshan und Dongguan darüber mit der Provinzhauptstadt verbunden.“ Weitere folgen. 2020 soll ein komplettes City-Train-Netz alle Städte verknüpfen, sollen die Hauptbahnhöfe aller elf Großstädte im Delta nur noch je eine Schnellzug-Stunde voneinander entfernt sein.
Die Region ist zudem Teil von Chinas Hochgeschwindigkeitsnetz. Seit 2012 verbindet der Schnellzug Jinggang PDL – benannt nach den Endpunkten der Strecke – mit Tempo 300 die knapp 2300 Kilometer entfernten Städte Peking und Guangzhou in weniger als acht Stunden Fahrzeit. Noch dieses Jahr wird eine Schnellbahn von der Provinzhauptstadt nach Nanning an der Grenze zu Vietnam führen. „Damit wird die Stadt Knotenpunkt für den Südosten“, sagt Xie. Rund 220 Milliarden Euro will China in die Infrastruktur investieren.
China
2013: 7,7 Prozent
2014: 8,1 Prozent
2013: 2,7 Prozent
2014: 2,7 Prozent
2013: 4,1 Prozent
2014: 4,0 Prozent
IHS Global Insight
Bald soll zudem ein Hubschrauberdienst die Großflughäfen von Guangzhou, Shenzhen und Hongkong verbinden. Der werde sich zwar nur an sehr wohlhabende Leute richten, aber davon gebe es viele, versichert Xie. Noch aber ist der Luftraum für das Militär reserviert. Insgesamt sollen an den Airports 2020 pro Jahr 150 Millionen Passagiere abfliegen.
Voraussichtlich 2016 soll außerdem die neue Hongkong-Zhuhai-Macao-Brücke die Sonderverwaltungszonen auf beiden Seiten des Perlflussdeltas verbinden. Das geschätzt rund elf Milliarden Dollar teure Infrastrukturprojekt wird Brückenbauwerke, künstliche Inseln und Straßentunnel kombinieren und mehr als 35 Kilometer überspannen – als längste Brücke der Welt.
Weltweit einzigartig
„Wie hier Wasser, Schiene, Luft und Straße vernetzt werden, finden Sie weltweit kein zweites Mal“, sagt Rainer Hirsch, Leiter der Niederlassung des deutschen Unternehmens Herrenknecht in Guangzhou. Die Tunnelbaumaschinen des badischen Mittelständlers bohren in Hongkong an der größten Baustelle der Welt. Allein auf dem Gebiet der ehemaligen Kronkolonie entstehen 26 Kilometer Schnellbahntunnel für die Expressverbindung nach Shenzhen, die sich ab 2017 an die Strecke nach Peking anschließt.
Nahe der Provinzhauptstadt fertigt Herrenberg die Riesenbohrer für die Region. Mehr als 100 von ihnen kamen in den vergangenen Jahren im Delta zum Einsatz. Als nächstes großes Geschäft wittert Manager Hirsch den Bau von Abwassertunneln: „Die haben in Guangzhou teils weniger als 60 Zentimeter Durchmesser“, sagt er. Denkbar sei, sie auf mehr als 4,50 Meter zu vergrößern.