Rentenpolitik Streitet wie die Schweizer!

Am Sonntag wird auch in der Schweiz gewählt. Dabei geht es um ein Thema, das in Deutschland gezielt auf kleiner Flamme gekocht wurde: die Rente. Die Debatte um die „Rentenreform 2020“ macht neidisch. Ein Kommentar.

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Bei den Nachbarn der Deutschen wird im Wahlkampf noch über Themen gestritten. Quelle: Reuters

Zürich Wahlkampf in Deutschland? Für die Schweizer ist das „so spannend wie eine Dienstbesprechung im Wasserwirtschaftsamt“, lästert die „Neue Züricher Zeitung“. Unsere Nachbarn zeigen, dass es auch anders geht. Denn auch in der Schweiz wird am Sonntag gewählt, und verglichen mit dem Wahlkampf in Deutschland geht es dabei ans Eingemachte.

Die Schweizer müssen nämlich über ein Thema befinden, das im deutschen Wahlkampf bewusst auf Sparflamme gekocht wird: Die Rente. Um sie zukunftssicher zu machen, sollen etwa das Rentenalter für Männer und Frauen vereinheitlicht werden, zugleich steht eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Abstimmung. Die „Rentenreform 2020“ ist umstritten und wird leidenschaftlich diskutiert – ganz anders als in Deutschland. Das ist ein Fehler. Die Rente geht schließlich alle an: Wie können immer weniger Arbeitnehmer immer mehr Rentner finanzieren? Was ist gerecht? Die Beantwortung solcher Fragen sollte nicht nur Experten überlassen bleiben.

Wie sich die Herausforderung des demografischen Wandels lösen lässt, dafür haben auch die Schweizer noch keine ultimative Lösung ausgetüftelt. Aber immerhin wird über die Reformvorschläge diskutiert, und zwar mit Leidenschaft. Vom „Verrat an den Jungen“ oder einer „Scheinreform“ ist die Rede. Es geht zur Sache, und in dem ansonsten so konsensverliebte Land tun sich tiefe Gräben auf: Junge und Alte, Linke und Rechte, sie streiten mit Verve. Selbst innerhalb des Gewerkschafts- und Arbeitgeberlagers gehen die Meinungen auseinander. Ja nicht einmal die beiden Detailhandelsriesen Migros und Coop sind sich einig! Das ist so, als würde sich Volkswagen für die Rentenreform stark machen, BMW aber dagegen aussprechen.

In Deutschland unvorstellbar. Auch deshalb, weil Kanzlerin Angela Merkel auf Zeit spielt: Ganze zweieinhalb Seiten widmet die das Programm der Union dem Thema. Die Quintessenz: Zur Zukunft der Rente soll eine Kommission Vorschläge erarbeiten – natürlich erst nach der Wahl. Das hilft im Wahlkampf, aber es schadet der politischen Kultur. Das Wasserwirtschaftsamt lässt grüßen.

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