Rex Tillerson So tickt Trumps neuer Außenminister

Kann ein Ex-Ölmanager mit Russlands Aggressionen und mit Menschenrechtsfragen umgehen? Der neue US-Außenminister Rex Tillerson musste sich im Senat kritischen Fragen stellen – und kam mehr als einmal ins Stolpern.

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Der designierte US-Außenminister Rex Tillerson bei der Befragung durch den Senat in Washington D.C. Quelle: AP

San Francisco Die Chance konnte sich Marco Rubio einfach nicht entgehen lassen. Der Senator und unterlegene Bewerber als Präsidentschaftskandidat der Republikaner bemühte die allseits bekannten exzellenten Beziehungen von Rex Tillerson zu Russlands Wladimir Putin, um eine Frage zu klären, die ihm auf der Zunge lag.

Ob Donald Trumps Kandidat für den Posten des Außenministers glaube, dass Hackerangriffe zur Beeinflussung der US-Wahlen ohne das Wissen des russischen Präsidenten möglich seien, wollte Rubio wissen. Nein, antwortete der Träger des russischen Ordens der Freunde des russischen Volkes: „Es ist eine faire Annahme (dass er informiert war und es gebilligt hat)“.

Es war nicht der einzige Standpunkt, bei dem sich der frühere Chef des Ölkonzerns ExxonMobil uneins mit seinem künftigen Präsidenten zeigte. Der hatte lange schlicht abgestritten, dass Russland überhaupt digital in den Wahlkampf eingegriffen hatte. Mittlerweile räumt auch Trump die Möglichkeit ein, spielt es aber als Bagatelle herunter.

In der Befragung durch den Senat lehnte Tillerson einen pauschalen Einwanderungsstopp für Muslime ab, räumte ein, dass es einen Klimawandel gebe und bekräftigte das Eintreten Amerikas für seine Alliierten in der Nato. Auf die Frage, ob Putin wegen seiner Rolle im Syrienkrieg ein Kriegsverbrecher sei, wich Tillerson allerdings aus: „Das Wort würde ich nicht benutzen“.

Ein US-Außenminister hat viele Probleme, die er angehen muss. Aber für Tillerson stand am Mittwoch nur eines im Vordergrund: Russland. Der Mann, der über Jahrzehnte im Auftrag von Exxon tiefe Verbindungen nach Russland bis in die höchsten Kreise aufgebaut hat, war bemüht, eine stramme Haltung gegenüber der Macht im Osten zu definieren. Russland sei eine Gefahr, bekräftigte er, wenngleich er den IS-Terror als Problem Nummer eins bezeichnete.

Er werde dem russischen Expansionsstreben klar entgegentreten, versprach Tillerson. Die europäischen Verbündeten hätten begründete Angst vor Russland. Er hätte damals der Ukraine Waffen geliefert, wäre er im Amt gewesen. Nato-Flugzeuge hätten an den Grenzen der Ukraine Informationen über Truppenbewegungen für die Ukraine gesammelt, obwohl sie kein Natomitglied ist.

Doch das alles machte er mit einem Schlag wieder zunichte, als er sich nicht mehr daran erinnern konnte, dass ExxonMobil noch vor kurzer Zeit Lobbyarbeit gegen die Sanktionen betrieben hat, die wegen der Annexion der Krim und des Ukraine-Konflikts über Russland verhängt wurden. Sie hatten unter anderem einen gigantischen, bis zu 500 Milliarden Dollar schweren Deal über die Ausbeutung arktischer Ölvorkommen auf Eis gelegt.


Gegenwind aus den eigenen Reihen

Diesen Mega-Deal hatte Tillerson persönlich mit dem russischem Staatskonzern Rosneft, sprich Putin, eingefädelt. Bald wird er womöglich in der besten denkbaren Position sein, um die Sanktionen aufheben oder ändern zu können. Wird er als Minister bestätigt, wird er bei seinem Ausscheiden als Exxon-Chef ein Ruhestandspaket von gigantischen 180 Millionen Dollar bekommen. Damit werden auch Aktienoptionen abgegolten, die eigentlich erst in der Zukunft zuteilungsfähig gewesen wären.

Beinahe erlösend kamen die Fragen zu China. Hart und in völligem Einklang mit Trump werde er „klare Signale“ senden, was die Ausdehnung der Machtansprüche im chinesischen Meer angeht. Der Bau der künstlichen Inseln vor Chinas Küste müsse gestoppt werden. Außerdem werde man klarmachen, dass man den Zugang zu diesen Inseln nicht erlauben werde. Bereits heute kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen zwischen chinesischer und amerikanischer Marine in den umstrittenen Seegebieten im Südchinesischen Meer.

Problematisch wurde es dagegen wieder bei Menschenrechtsfragen. Mehrfach machte Tillerson klar, dass er bei offen ersichtlichen Menschenrechtsverletzungen wie Massenhinrichtungen nicht handeln werde, bevor er nicht unterstützendes Beweismaterial von den Geheimdiensten erhalte. Genau diese Geheimdienste hatte Donald Trump gerade erst wegen angeblicher Unfähigkeit hart angegriffen.

Menschenrechtsorganisationen reagierten auf diese Äußerungen mit völliger Verständnislosigkeit. Gerade auf den Philippinen sollen in den vergangenen Monaten tausende angebliche Drogensüchtige von Todesschwadronen hingerichtet worden sein.

Die Nicht-Regierungsorganisation Human Rights Watch veröffentlichte ein Statement, dass die Zögerlichkeit bei der Benennung von Menschenrechtsverletzungen wie in Russland, Saudi-Arabien oder den Philippinen „ernste Bedenken“ aufwerfe, ob der Manager, der praktisch sein ganzes Leben in einer Ölfirma verbracht hat, für dieses Amt geeignet sei. Senator Rubio war offenbar so aufgebracht, dass er sich nach der Anhörung vor Reportern nicht festlegen wollte, ob der für Tillerson stimmt.

Für die Bestätigung wäre eine positive Abstimmung von republikanischen elf zu zehn demokratischen Senatoren nötig. Ein Schwenk von Rubio könnte den ersten Kandidaten von Trump anzählen. Er müsste sich dann einer Abstimmung im Gesamtsenat stellen. Da hat er immer noch Chancen bestätigt zu werden, aber es wäre eine empfindliche Schlappe.

Aber vielleicht wird Tillersons Amtszeit ja ohnehin nicht allzu lang sein, falls er bestätigt wird. In einer seiner schwer nachvollziehbaren Wendungen kündigte er während der Befragung an, er freue sich auf die Zusammenarbeit mit dem Kongress, um „neue Sanktionen“ gegen Moskau zu entwickeln mit dem Ziel, die „russische Position“ zu ändern. Donald Trump hatte gerade noch einmal betont, er zweifele an der Wirksamkeit der Sanktionen, die nach der Invasion der Krim erlassen wurden.

Da könnten schnell zwei Welten aufeinander prallen und dann heißt es am Ende wie so oft zuvor bei Trump: „You’re fired“.

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