Richard Grenell Die Twitter-Welt des US-Botschafters für Berlin

Der neue US-Botschafter in Deutschland ist auf Twitter mindestens so aktiv wie US-Präsident Trump. Dort äußert er sich nicht gerade zimperlich über Medien – und twittert über Britney-Spears-Konzerte. Ein Profi eben.

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Fan von Trump und T-Shirts.

Berlin Richard Grenell hat von US-Präsident Donald Trump Medienberichten zufolge das Angebot erhalten, Botschafter in Deutschland zu werden. Grenell war einst Sprecher des US-Botschafters bei den Vereinten Nationen und trat regelmäßig als Kommentator beim konservativen und von Trump oft gelobten Nachrichtensender „Fox News“ auf.

Wie Trump ist Grenell sehr aktiv in sozialen Netzwerken. Sein Verhalten dort gibt einen ersten Einblick, was vom künftigen möglichen Repräsentanten Washingtons in Berlin zu erwarten sein könnte. Der 50-Jährige nutzt weniger Ausrufezeichen, aber ansonsten erinnern seine Tweets an die seines Chefs Donald Trump. „Die wilde Spekulation auf CNN über russische Funktionäre ist nicht im entferntesten Journalismus“, twitterte Grenell beispielsweise am 13. Juli. „Rät Ihnen keiner, bei den Fakten zu bleiben? Wow.“ Die Kommentare eines Journalisten seien „geistlos“, diverse Medien verbreiteten „Fake News“ und es gebe zu viele politische und zu wenige Politik-Journalisten.

Wenn der US-Senat grünes Licht gibt, schließt Grenfell eine Lücke: Sechs Monate lang gab es keinen Botschafter in Deutschland. Seine Nominierung ist allerdings nicht offiziell verkündet worden, sondern durchgesickert. Außerdem hatte der in Kalifornien lebende Grenell vergangene Woche ein Bild von sich und Trump verbreitet, versehen mit den Worten „Thank you, Mr. President!“

Mit über 66.700 Followern kommt Grenell zwar nicht an Trump (34,2 Millionen) oder deutsche Politik-Größen wie SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz (440.000 Follower) oder CDU-Generalsekretär Peter Tauber (165.000 Follower) heran, aber dafür ist er extrem aktiv: Mit 71.300 abgesetzten Tweets hat er mehr Nachrichten hinterlassen als Trump (35.500), Schulz (4.319) und Tauber (20.700) zusammen.

Diese Masse kommt unter anderem daher, dass er fremde und eigene Tweets gerne zitiert und kommentiert. Dabei teilt er aber nicht nur aus: Denn so hart Grenell diejenigen kritisiert, deren Meinung oder Analysen er nicht teilt, so offen gibt er auch seine Bewunderung für alles zu, das er mag. Ein Auftritt von Lady Gaga und Tony Bennet bezeichnet er als „Amazing!“, eine Frau, die ihren Erste-Klasse-Sitzplatz für einen US-Soldaten abgibt, kommentiert er knapp mit „Love her“ und Frankreichs Präsident Macron bezeichnet er als „very impressive“.

Offenbar ist der ehemalige Sprecher des UN-Sonderbotschafters der USA außerdem ein großer Fan der Pop-Ikone Britney Spears: „Hasst mich nicht, aber ich schaue mir Britney Spears schon zum zweiten Mal diese Woche an“, schreibt er auf Twitter. Auf dem Instagram-Profil des Republikaners finden sich zudem Bilder von ihrem Auftritt.

Auch widmet er sich hin und wieder der Krebs-Krankheit, die er selbst besiegt hat, unter anderem mit den Worten: „Ich hasse Krebs!“

Seine Tweets zeigen einen hochpolitischen, meinungsstarken – und emotionalen Menschen. Auf fast jedem seiner Bilder lächelt er mit einem breiten Zahnweißgrinsen in die Kamera, er zeigt sich gut gelaunt und motiviert. Seine Sätze sind knapp und häufig mit Gefühlen aufgeladen. Wie viel davon ihn selbst widerspiegelt und wie viel davon bewusste Inszenierung ist, lässt sich schwer abschätzen. Schließlich ist Grenell ein Medienprofi, betreibt die Kommunikationsagentur „Capitol Media“, die Politiker und große Unternehmen beraten hat.

Daher bleibt auch die Frage offen, ob das Foto von seinem T-Shirt mit der Aufschrift „Tanze, als ob Russland nicht zugucken würde“ aus dem April mehr ein Statement als ein zufälliges geschossenes Foto war, gerade wenn man die Vorwürfe an Trump und seiner Mitarbeiter aufgrund diverser Russland-Beziehungen im Hinterkopf hat.

Seine TV-Auftritte, die er auf seiner Homepage sammelt, zeigen zudem einen argumentativ gut gerüsteten Politprofi, und das „Time Magazine“ zählte Grenell 2014 zu den Top-10-US-Politikern, denen man auf Twitter folgen sollte. Die Begründung: „Wenn Sie wissen wollen, welcher Journalist die Konservativen gerade am meisten ärgert, folgen Sie Grenell.“ Mal sehen, wer ihn in Deutschland zuerst wütend macht.

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