Rohstoffe Kasachstan lockt, Deutschland zuckt

Schwankende und steigende Metallpreise bleiben für die Industrie ein Problem. Seit 2012 hilft die Politik der Wirtschaft mit eigentümlichen Instrumenten bei der Rohstoffsicherung. In Kasachstan zeigt sich, dass es in der Praxis überhaupt nicht klappt.

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Schrille Töne Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche

Nachts fiel Schnee in Öskemen, der bergigen Montanmetropole im Osten Kasachstans. Doch das macht die Stadt der rauchenden Fabrikschlote auch nicht schöner. Die fremde Nase fragt sich , ob sie die Schadstoffe bloß der Erkältung wegen nicht riecht. Der Cocktail aus Schwefel, Phenol, Formaldehyd und Kohlendioxiden, den Metallurgie-Kombinate pausenlos in die Luft pusten, beschert Ostkasachstan den Spitzenplatz unter den dreckigsten Regionen im Riesenland zwischen Russland und Afghanistan.

Der Alltag im Schneematsch ist hässlich. Tauwasser überfordert die Kanäle, mit einem Sprung rettet sich eine Frau vor dem braunen Nass, das ein rasender Lada aus einem Schlagloch peitscht. Immerhin gastiert ein usbekischer Wanderzirkus in der Stadt. Die Artisten haben ihre bunten Zelte vor der Gebietsverwaltung aufgeschlagen, ein Junge balanciert auf dem Drahtseil in drei Meter Höhe. Die Leute bleiben stehen und tun, was sich hier auch sonst empfiehlt: Sie halten die Luft an.

Preise für Erze und seltene Erden steigen

Das Ruhrgebiet ist ein Luftkurort im Vergleich zu Ostkasachstan, wo die Leute witzeln, man stürbe bloß an frischer Luft. Unfreiwillig verschlägt es aber immer häufiger Deutsche dorthin, wo im Boden Schätze liegen, die Deutsche gerne kaufen würden: Wolfram etwa, von dem 20 Prozent der weltweiten Reserven im Boden liegen sollen, Eisenerz, Zink, jede Menge Seltener Erden. Metalle, deren Weltmarktpreise sich wild in die Höhe schrauben (siehe Grafik).

Zackiger Preisanstieg bei Eisenerz, Wolfram und Indium (zum Vergrößern bitte anklicken)

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Viele deutsche Rohstoffjäger landen im Ledersessel vor Jerschek Koscherbajew, der für Schausteller wie die vor seinem Fenster keine Zeit hat. Er will Geschäfte machen, denn er ist der erste Vertreter des Akim, wie ein Gouverneur in Kasachstan heißt. Er lockt Investoren in den Osten, die Rohstoffe aus dem Boden holen, verarbeiten und dabei Arbeitsplätze schaffen.

Deutsche wollen langfristige Lieferverträge

Auf die Deutschen ist er nicht sehr gut zu sprechen. Die stellen zu viele Fragen und wollen sich nicht entscheiden: "Ich weiß nicht, wieso die Deutschen nicht ernsthaft verhandeln", sagt er. Dabei muss man über die Kasachen wissen: Der stete Zufluss von Ölmilliarden und ein Wachstum von zuletzt 5,2 Prozent haben Beamte wie Koscherbajew selbstbewusst gemacht. Jetzt droht er: "Wenn die Deutschen die Rohstoffe nicht wollen, arbeiten wir mit China."

Bewusst trifft er einen wunden Punkt. Zwar will sich die deutsche Industrie Zugang zu Rohstoffvorkommen wie denen in Kasachstan strategisch sichern – aber über langfristige Lieferverträge. Denn die Risiken für Investitionen in Minen, die meist erst nach zehn Jahren rentabel arbeiten, trägt der Betreiber. Chinesische Investoren sind da weniger zimperlich. Sie beteiligen sich direkt an Minen und schnüren komplette Finanzierungspakete.

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