Russland-Affäre Warum Trump zu Recht nervös wird

US-Präsident Trump wird samt seines Umfelds und seinen Geschäften bis ins letzte Detail durchleuchtet. Selbst wenn dabei keine große Verschwörung mit Russland ans Tageslicht kommt, ist das Risiko von Peinlichkeiten groß.

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New York Robert Mueller ist jemand, den man nicht auf den Fersen haben möchte. Der ehemalige FBI-Chef und heutige Sonderermittler gegen US-Präsident Donald Trump und sein Umfeld ist nicht nur selber eine starke, über ein weites politisches Spektrum hinweg anerkannte Persönlichkeit. Er hat auch ein eindrucksvolles Team zusammengestellt. Andrew Weissmann hat als Staatsanwalt Erfahrung im Umgang mit Unternehmen, etwa mit Volkswagen im Diesel-Skandal, und zuvor mit den Mafia-Familien von New York.

Michael Dreeben hat mehr als 100 Fälle vor dem höchsten US-Gericht verhandelt. Aaron Zebley hat gegen Terroristen und chinesische Spione ermittelt. James Quarles war bereits in der Aufklärung des Watergate-Skandals aktiv, der US-Präsident Richard Nixon sein Amt kostete. Lisa Page kennt sich mit organisierter Kriminalität und Geldwäsche aus, unter anderem im italienischen und bulgarischen Umfeld. Jeannie Rhee ist auf Wirtschaftskriminalität und Betrug spezialisiert. Elizabeth Prelogar hat in Russland studiert.

Kein Wunder, dass der Mann im Weißen Haus nervös wird, wenn er den Namen Mueller hört. Selbst wenn der Sonderermittler keine große Verschwörung aufdeckt, könnten seine Untersuchungen leicht zu peinlichen Enthüllungen führen.

Er ist eingesetzt worden, um festzustellen, ob der Präsident oder jemand aus seinem Umfeld aktiv mit den Russen bei deren Hacker-Angriffen im Wahlkampf zusammengearbeitet hat, die Trumps Rivalin Hillary Clinton deutlich geschadet haben. Außer Trump und seinen Anhängern hat kaum jemand einen Zweifel, dass letztlich die russische Regierung hinter diesen Attacken gesteckt hat.

Klar ist auch, dass Russlands Präsident Wladimir Putin Trump im Vergleich zu Clinton als Leichtgewicht einschätzt und damit als angenehmeren Gegenpart. Die Frage ist nur, ob Trump und seine Leute mit den Russen tatsächlich kollaboriert haben. Bestätigte Informationen, dass Trumps Sohn und sein Schwiegersohn mit einer russischen Anwältin über eine mögliche Schädigung Clintons gesprochen haben, kommen einer Zusammenarbeit allerdings schon gefährlich nahe.

Aber das ist nur eines von Trumps Problemen. Wie US-Medien berichten, durchleuchten Mueller und seine Leute akribisch Trumps Geschäfte in den USA und im Ausland – vor allem in Russland. Offenbar wollen sie auch Informationen von der Deutschen Bank haben, die als wichtiger Geldgeber für den Präsidenten und Mitglieder seiner Familie gilt. Sie nehmen Käufe einzelner Trump-Immobilien unter die Lupe und schauen sich die Beziehungen von Wilbur Ross, dem US-Handelsminister, zu Zypern an – einem Staat, in dem eine Menge russisches Geld unterwegs ist.

Selbst wenn sich keine große Verschwörung zwischen dem Mann im Weißen Haus und dem Kreml finden lässt, ist das Risiko groß, dass geschäftliche Details bekannt werden, die ein schlechtes Licht auf den US-Präsidenten werfen. Aus einem einfachen Grund: In fast jedem weit verzweigten Konzern passieren peinliche Dinge, gibt es juristisch anzweifelbare Entscheidungen und Geschäfte in Grauzonen. Die Immobilienbranche ist nicht dafür bekannt, hier besser als andere Bereiche des Wirtschaftslebens zu sein. Und Trump ist stolz darauf, in seinen Geschäften „schlau“ zu sein. Über sein Imperium weiß man zwar nicht allzu viel, sicher ist aber, dass die Strukturen kompliziert sind. Das erhöht das Risiko, dass Dinge unsauber laufen, ohne dass es im eigenen Haus bekannt wird.

Je weiter die Ermittlungen vordringen, desto mehr darf sich Amerika also auf einen nervösen Präsidenten gefasst machen. Keine angenehme Perspektive: Sprunghaft und mitunter sogar gegen seine eigenen Leute ausfallend ist er ohnehin, und auf dem diplomatischen Parkett lässt er keine Bananenschale aus, wie sie seine unpassende Bemerkung über die Figur der Frau des französischen Präsidenten zeigt („Sie ist gut in Schuss“, „in good shape“).

Trumps Gegner haben aber auch ein Problem. Möglicherweise entdeckt Mueller zwar peinliche Details, aber doch keine „smoking gun“, wie die Amerikaner sagen – keinen Beweis, dass er oder seine Leute tatsächlich die Einmischung der Russen in den US-Wahlkampf betrieben oder wenigstens gefördert haben.

Wenn dieser rauchende Colt nicht zu finden ist, werden manche seiner Gegner weiter hartnäckig der Überzeugung bleiben, es habe diese Zusammenarbeit gegeben, sie sei nur nicht entdeckt worden. Denn nicht nur Trumps Anhänger leben in einer eigenen Realität, sondern auch manche seiner Feinde. Aber letztlich stünden die oppositionellen Demokraten in diesem Fall mit leeren Händen da. Wenn ihre politische Strategie bis dahin weiter vor allem daraus besteht, gegen den Mann im Weißen Haus zu schießen, werden sie in ein politisches Vakuum fallen.

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