Russland Putin, der Scheinriese

Seite 3/3

Bescheidene Exporterfolge

„Unser BIP wird kaum schneller als zwei bis drei Prozent wachsen, wenn wir unsere Exporte außerhalb des Rohstoffsektors nicht verdoppeln“, warnte jüngst Alexej Kudrin, einst Finanzminister und nun Berater von Präsident Putin. Das Problem eine Nische zu finden, sei gar nicht so groß. „Unsere Unternehmen haben einfach oft Angst vor den Kosten.

Das Hauptproblem, neben fehlenden Wirtschaftsreformen: Putin ist es nicht gelungen, die Abhängigkeit des Landes vom Öl- und Gas-Export zu mindern. Doch der Ölpreis liegt seit nunmehr zwei Jahren mehr oder weniger am Baden. Noch machen Öl und Gas fast zwei Drittel der russischen Exporte aus. Der Einbruch des Öl-Preises 2014/2015 warf das russische Inlandsprodukt auf den Stand von 2009 zurück.

Die Erfolge anderer Industrien sind derweil eher bescheiden. So freute sich jüngst der Lada-Hersteller AwtoWAZ, man habe den Absatz in der EU im ersten Quartal um zwei Drittel steigern können. Wohlbemerkt erreichte die Absatzzahl gerade 1150 Stück. Dennoch träumen auch andere russische Hersteller vom Weltmarkt. So hatte Volkswagen  im vergangenen Jahr 5000 Fahrzeuge aus seinem Werk im russischen Kaluga nach Mexico verschifft. Auch der Skoda Yeti, der in Nischni Nowgorod montiert wird, sei ein aussichtsreicher Kandidat auf Export. Insgesamt hatten die Wolfsburger fast 10 Prozent ihrer in Russland montierten Autos ins Ausland geliefert. Renault will in diesem Jahr etwa 14000 Karosserien von Russland in sein Werk in Algerien verfrachten.

Zehn Dinge, die man über G20 wissen sollte

Auch der koreanische Hersteller Hyundai will sein Werk in Sankt-Petersburg durch Lieferungen in den Nahen Osten auslasten. Branchenkenner warnen jedoch, dass Russland vor allem in Sachen Logistik einfach zu teuer sei für einen großangelegten Export. Deshalb verhandele Volkswagen gerade mit dem Moskauer Industrieministerium darüber, wie die Exporte durch den Staat gefördert werden können. 

Wein statt Öl

Pavel Titow und seinen Vater Boris, ein russischer Milliardär der sein Geld einst in der Ölbranche verdiente, versuchen nun, Exporte auf die etwas andere Art anzukurbeln. Vor knapp 13 Jahren übernahmen die Titows eine angeschlagene sowjetische Sektkellerei, die billigen Schaumwein herstellte - und dabei langsam zerfiel. Seitdem hat die Familie 100 Millionen Dollar in die Anlage im Örtchen Abrau Durso an der russischen Schwarzmeerküste gesteckt.

Pavel Titow setzt sich schon mal gerne ans Steuer seines kleinen Helicopters, um Besuchern sein Weingut zu präsentieren. Einst gehörte Abrau Durso zu den Lieferanten des Zaren in Sankt-Petersburg. Nach der Sowjetzeit blieb von alter Größe wenig übrig. Die Titows haben die Anlagen gründlich erneuert. Stolz präsentiert Pavel aus Vogelperspektive hunderte Hektar Weinberge. Weiß strahlt das frisch restaurierte Hotel Imperial, gebaut im Stile des stalinistischen Klassizismus, dessen Eingang ein mächtiger Säulengang schmückt. Unter der neu gepflasterten Strandpromenade versteckt sich der Weinkeller, dessen Tunnel sich über fünf Kilometer strecken.

Russischer Wein sei ein kompliziertes Produkt. “Da muss man erstmal erklären, dass es diesen überhaupt gibt“, weiß Titow. Sich eine Reputation aufzubauen dauere sehr lange. Fast 28 Millionen Flaschen Sekt und zwei Millionen Flaschen Rot- und Weißwein hatte Abrau im letzten Jahr verkauft. Gut ein Prozent der Produktion Prozent ging ins Ausland, etwa 300.000 Tausend Flaschen. Nun sollen allein in diesem Jahr mindestens 800.000 Flaschen in deutschen Supermärkten im Regal landen. Zumal Deutschland erst der Anfang sein soll. Großbritannien sei der nächste Zielmarkt. „Wenn wir bis 2020 10 Prozent unseres Sekts und Weine exportieren, ist es ein Erfolg“.

Putin ist mächtiger als Trump und Merkel
Platz zehn: Mark Zuckerberg Quelle: REUTERS
Platz neun: Narendra Modi Quelle: dpa
Platz acht: Larry Page Quelle: AP
Platz sieben: Bill Gates Quelle: AP
Platz sechs: Janet Yellen Quelle: AP
Platz fünf: Papst Franziskus Quelle: dpa
Platz vier: Xi Jinping Quelle: REUTERS

In der Zentrale der Kirow-Werke in Russland freut man sich dagegen schon jetzt über steigende Aufträge aus dem Ausland. Kürzlich präsentierte das Unternehmen seine Traktoren in Australien. Gleichzeitig gehört das Unternehmen zu den wenigen Investoren, die sich wieder auf den europäischen Markt trauen. „Politik kommt und geht. Wir machen einfach weiter”, erklärt Manager Bochow. Und so investierten die Petersburger zusammen mit deutschen Partnern erneut Geld, diesmal 15 Millionen Euro in eine Fabrik auf der grünen Wiese bei Rostock.

Die jüngste Tochter hört auf den Namen Deutsche Großwälzlager und stellt verschiedene  Drehwälzlager, etwa für Kräne, Bagger und Windräder her. Im vergangenen Jahr lief die Produktion an, heute denken die Eigentümer bereits über Expansion nach.

Allein auf den russischen Markt wollen sich die Russen diesmal nicht verlassen. Das Management der Deutsche Großwälzlager agiere unabhängig, während die Kunden vor allem aus Deutschland und Europa kommen. „Wir wollen hier vor allem Know-How gewinnen“, sagt Bochow. Erst langsam meldeten auch russische Kunden Interesse an. Sollte die Aufträge steigen, hat Bochow auch schon eine Idee. Wenn die Bestellungen zunehmen, könnte die Produktion für den russischen Markt in Petersburg einfach gespiegelt werden.

Es ist ein Plan ganz nach dem Geschmack Putins: Er ist nicht besonders realistisch, klingt aber sehr groß.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%