Russland Die verheerende (Wirtschafts-)Bilanz des Wladimir Putin

Angela Merkel trifft Wladimir Putin in Sotschi. Zeit, einen Blick auf Russland zu werfen: Seit dem Jahr 2000 ist Putin mit Unterbrechungen im Amt. Hat er sein Land vorangebracht?

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Russlands Präsident Wladimir Putin Quelle: dpa

Wenn Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag zum ersten Mal nach zwei Jahren wieder zu Russlands Präsident Wladimir Putin reist, will sie einen Neuanfang wagen – und die Wirtschaftsdelegation, mit der sie reist, sowieso. „Die Talsohle ist durchschritten, es geht wieder aufwärts“, sagt etwa Wolfgang Büchele, CEO des Stuttgarter Maschinenbauers M+W und Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Büchele betont, trotz der anhaltenden Sanktionen gegen Russland habe der deutsch-russische Handel im Januar und Februar gegenüber dem Vorjahr bereits wieder um 37 Prozent auf zehn Milliarden Euro zugelegt.

Aber hat Präsident Putin – seit dem Jahr 2000 mit Unterbrechung in Amt und Würden – sein Land wirklich wirtschaftspolitisch vorangebracht? Ein Blick auf Kennzahlen lässt daran erhebliche Zweifel zu.

Monatlicher Mindestlohn: 123 Euro

Der gesetzliche Mindestlohn beläuft sich in Russland derzeit auf rund 7500 Rubel im Monat, das entspricht umgerechnet etwa 123 Euro. Experten schätzen die Zahl der russischen Arbeitnehmer, die so viel verdienen, auf knapp fünf Millionen. Die EU-Statistikbehörde Eurostat hat im Februar einen Vergleich der Mindestlöhne in Europa publiziert, was die schlechte Platzierung der Russen verdeutlichte.

Demnach kommt ein Arbeitnehmer im ärmsten EU-Land Bulgarien auf 235 Euro im Monat, in Estland beträgt er sogar 470 Euro. Deutschland ist mit einem Durchschnittswert von fast 1500 Euro weit enteilt.

Trend: Armut

Auch die Zahl der Russen, die laut der staatlichen Statistikbehörde Rosstat unter dem Existenzminimum leben, ist beeindruckend: 21,4 Millionen oder fast 15 Prozent der Bevölkerung. Das ist eine Entwicklung, die in die falsche Richtung geht – seit dem Jahr 2000 hatte dieser Wert nämlich stetig abgenommen. Mittlerweile wächst der Armen-Anteil aber wieder deutlich.

Deutsch-russischer Handel: Export- und Importvolumina

Ein Symptom dieser Krise: Die Russen geben deutlich mehr Geld aus, als sie verdienen. Im Jahr 2015 ergab sich laut den Statistikbehörden etwa eine Differenz zwischen dem Einkommen und den Ausgaben der Bürger von rund 5,5 Milliarden Dollar. Viele Beobachter erinnerte dies an die Zeit Ende der Neunzigerjahre, unter der chaotischen Regierungszeit von Putin-Vorgänger Boris Jelzin. Damals konnte Russland seine Rechnungen nicht mehr bezahlen, der Rubel brach ein. Vielleicht ist die Lage heute noch besorgniserregender: Denn schließlich ist die Infrastruktur der Sowjetzeit heute weitgehend verrottet, ohne dass die Einnahmen seither für klare Verbesserungen genutzt wurden.

Lebenserwartung der Russen gering

Geringe Lebenserwartung

Russische Männer sterben früh – sehr früh. Sie haben mittlerweile nicht mal mehr eine Lebenserwartung von 65 Jahren, in den Genuss der deutschen Rente würden sie in der Regel gar nicht mehr kommen. Das liegt maßgeblich daran, dass insbesondere russische Männer (die Lebenserwartung der Frauen liegt deutlich höher) legendär ungesund leben – sie rauchen viel, trinken noch mehr, sie ernähren sich schlecht.

Doch sehen Ökonomen und Forscher auch einen Zusammenhang zur mauen Entwicklung der Wirtschaft. Der Umstand, dass die Zahl der Selbstmorde unter russischen Männern hoch liegt, mag etwa auch mit ökonomischer Perspektivlosigkeit zu tun haben.

Putin ist mächtiger als Trump und Merkel
Platz zehn: Mark Zuckerberg Quelle: REUTERS
Platz neun: Narendra Modi Quelle: dpa
Platz acht: Larry Page Quelle: AP
Platz sieben: Bill Gates Quelle: AP
Platz sechs: Janet Yellen Quelle: AP
Platz fünf: Papst Franziskus Quelle: dpa
Platz vier: Xi Jinping Quelle: REUTERS

Misstrauen gegenüber Marktwirtschaft

Angesichts solcher Entwicklungen und Zahlen ist eine gewisse Nostalgie gegenüber der Sowjetära in der russischen Bevölkerung wenig überraschend. Eine Umfrage des Levada-Instituts hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der Befragten „Staatsplanung“ für ein bevorzugtes Wirtschaftsmodell halten. Nur rund jeder vierte russische Bürger hält hingegen die Marktwirtschaft – und Privateigentum - für einen Segen.

Läuft für Putin

Einer hingegen sollte die Institution des Privateigentums vehement verteidigen, denn zuverlässigen Berichten zufolge hat er davon jede Menge angehäuft: Präsident Wladimir Putin. Bill Bowder, ein amerikanischer Hedgefonds-Gründer, der in Russland sehr aktiv war und die Vermögensstruktur des Landes gut kennt, hat gerade in einem CNN-Interview eine atemberaubende Zahl in den Raum gestellt: 200 Milliarden Dollar. Auf diesen Betrag schätzte Bowder das Putin-Vermögen.

Damit wäre der russische Präsident nicht nur der reichste Mann Russlands, sondern gleich der ganzen Welt – weit vor Microsoft-Gründer Bill Gates, der als reichste Privatperson auf ein mickriges Vermögen von rund 80 Milliarden Dollar kommt.

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