Russland in Syrien Über Frieden sprechen – und Bomben schmeißen

In Syrien sind die Regierungstruppen auf dem Vormarsch, Zehntausende Menschen fliehen. Russland gibt vor, konkret über ein Kriegsende zu sprechen, fliegt aber weiter Luftangriffe. Was will Moskau tatsächlich erreichen?

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Die internationale Gemeinschaft lotet in München die Chancen für eine Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche aus. Quelle: Reuters

München Kurz vor der Syrien-Konferenz in München diskutieren Russland und die USA nach Aussage Moskaus über eine mögliche Waffenruhe. Man führe „sehr wichtige“ Gespräche mit Washington, sagte der russische Uno-Botschafter Witali Tschurkin in New York. Darunter seien auch Schritte zur Verbesserung der humanitären Notlage in dem Bürgerkriegsland.

US-Außenamtssprecher Mark Toner sagte in Washington, vor dem Treffen in München werde man den Inhalt jeglicher Vorschläge nicht analysieren oder diskutieren. Das Treffen in München sei die Gelegenheit andere Mitglieder der Internationalen Syrien-Unterstützergruppe zu beteiligen. US-Außenminister John Kerry und und der russische Außenminister Sergej Lawrow hätten in der vergangenen Woche zahlreiche Gespräche geführt.

Man habe mehrfach zu einer Waffenruhe aufgerufen, sagte Ned Price, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zu konkreten Vorschlägen äußerte er sich jedoch nicht.

Russland sei bereit, über alle „sinnvollen Vorschläge“ für eine Feuerpause nachzudenken. Die einfache Ankündigung einer „humanitären Pause“ sei angesichts anhaltender Kämpfe von Terroristen und anderen radikalen Gruppen aber unrealistisch. Forderungen, die russischen Luftangriffe in Syrien zu beenden, wies er zurück. „Wir sind nicht kurz davor, unser Verhalten zu rechtfertigen“, sagte Tschurkin, und bezeichnete die Militäreinsätze als „transparent“.

Mehrere Mitglieder des Uno-Sicherheitsrats drängten Russland, die Luftangriffe einzustellen. Sie seien „direkte Ursache für die Krise um Aleppo“, sagte Neuseelands UN-Botschafter Gerard van Bohemen. Die Kämpfe in der Region haben nach Schätzungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) rund 50.000 Menschen in die Flucht getrieben. „Der Krieg am Boden hat einen direkten Einfluss auf die politischen Gespräche und damit die humanitäre Situation“, sagte Van Bohemen. Das Rote Kreuz versucht nach eigenen Angaben, medizinische Hilfe, Wasser und Essen zu den Menschen zu bringen. Uno-Organisationen hatten am Dienstag davor gewarnt, dass bis zu 300.000 Menschen in Aleppo von Hilfslieferungen abgeschnitten werden könnten.

Die internationale Gemeinschaft lotet am Donnerstag in München die Chancen für eine Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche aus. An der Konferenz nehmen Außenminister und andere hochrangige Vertreter aus 17 Staaten teil, darunter die USA, Russland, Saudi-Arabien, Iran und die Türkei. Diese fünf Länder haben eine Schlüsselrolle bei den Bemühungen um ein Ende des Bürgerkriegs. Deutschland wird von Außenminister Frank-Walter Steinmeier vertreten.

Steinmeier warnte vor einer weiteren Eskalation der Gewalt in dem seit fünf Jahren andauernden Konflikt. „Unsere Bemühungen für einen Friedensprozess für Syrien stehen wieder einmal an einem Scheideweg“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Wie soll es möglich sein, am Verhandlungstisch nach Kompromissen zu suchen, während gleichzeitig bei Aleppo und anderswo mit immer größerer Brutalität Krieg geführt wird?“ Steinmeier erwartet konkrete Vereinbarungen, um so schnell wie möglich zumindest eine Verringerung der Gewalt und eine Verbesserung der humanitären Zugänge zu erreichen.

Russland hatte mit Luftangriffen auf die Opposition in der Region Aleppo die Kämpfe wieder intensiviert. Im syrischen Bürgerkrieg sind bislang 250.000 Menschen ums Leben gekommen.

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