Säbelrasseln in Asien Japans Angst vor einem Koreakrieg

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Rolle des Militärs soll ausgeweitet werden

In den mehr als 70 Jahren seit Kriegsende haben sich die Japaner auf ihren Inseln immer sicher gefühlt. Zwar hatte das Regime in Pjöngjang in der Vergangenheit mehrmals Raketen über Japan hinweg geschossen. Dafür wurden Abwehr-Batterien in Tokio und Okinawa aufgebaut. Aber die Starts wurden jeweils angekündigt und dienten offiziell zivilen Zwecken.

Nun müssen die Japaner erleben, dass japanische Zerstörer zusammen mit dem US-Flugzeugträger Carl Vinson und zwei weiteren US-Kriegsschiffen auf deren Weg nach Nordkorea gerade gemeinsame Manöver geübt haben. Wenige Woche zuvor hatten Streitkräfte der USA, von Südkorea und Japan auf See gemeinsam den Abschuss von nordkoreanischen Raketen trainiert.

Diese demonstrativen Aktivitäten werten ausländische Beobachter als den Versuch von Japans Regierung, die Nordkorea-Krise auszunutzen, um die pazifistische Verfassung in Frage zu stellen. Premier Abe hatte vor knapp einem Jahr bei der Oberhauswahl versprochen, diese Verfassung zu ändern, damit Japan wieder ein „normales“ Land werde. Eine Zuspitzung auf der koreanischen Halbinsel könnte dem Nationalisten dabei helfen, etwa bei einer vorgezogenen Neuwahl die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament für seine Verfassungsreform zu bekommen.

Nordkorea hat mit einem weiteren Raketentest die internationale Gemeinschaft provoziert. Washington reagiert gelassen. Trump setzt nun offenbar auf politischen Druck zusammen mit Peking.

Bisher verbietet Artikel 9 der Verfassung Japan das Recht auf Kriegsführung. Doch seit den jüngsten Raketentests von Nordkorea spricht die Regierung von einer "neuen Stufe der Bedrohung". Japan müsse permanent, "24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr" in Alarmbereitschaft sein, erklärte Ex-Verteidigungsminister Itsunori Onodera. Man brauche neue militärische Optionen.

Die von ihm geleitete Sicherheitspolitik-Gruppe der regierenden Liberaldemokraten fordert die Stationierung des US-Raketenabwehrsystems THAAD in Japan und das Recht auf einen Präventivschlag gegen Nordkorea. Danach im Parlament gefragt, erklärte Parteichef und Premier Abe, er wolle solche Waffen nicht anschaffen und auch keine „vorbeugenden Schläge“ führen. Aber Japan sollte verschiedene Verteidigungsstudien machen und die Sicherheitsallianz mit den USA stärken.

Der Regierungschef will die Rolle des Militärs deutlich ausweiten. Vor zwei Jahren setzte er umstrittene Sicherheitsgesetze in Kraft und sicherte sich das Recht zur „kollektiven Selbstverteidigung“. Nun darf Japan bei Konflikten an der Seite seines Verbündeten USA kämpfen, auch wenn es selbst nicht direkt angegriffen wird. Dies hatte zu den größten Massenprotesten in Japan seit fünf Jahrzehnten geführt.

Im Zuge dieser Neuausrichtung hatte Abe auch erstmals Waffenexporte von Japans Rüstungsfirmen erlaubt. Allerdings bisher ohne Erfolg: Ein 35-Milliarden-Euro-Auftrag von Australien für neue U-Boote ging vor einem Jahr weder an das japanische Konsortium noch an ThyssenKrupp, sondern an den französischen Rüstungskonzern DCNS. Auch sonst heimste Japan bisher keine Waffenbestellungen ein.

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