Sanktionen gegen Russland Krim-Bewohner wollen russische Pässe

Auf der Krim wird wieder Schlange gestanden. Nicht für begehrte Lebensmittel wie in Zeiten der Sowjetunion, sondern für russische Pässe. Zugleich machen sich erste Auswirkungen der Sanktionen bemerkbar.

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Hüllen für russische (l) und ukrainische Pässe liegen am 18.03.2014 in in Simferopol (Ukraine) an einem Marktstand. In der Krim-Krise schafft Russland trotz verschärfter Sanktionen des Westens weiter Fakten. Quelle: dpa

Dutzende Menschen stehen vor den Ämtern der Halbinsel Krim, um ihre ukrainische Staatsbürgerschaft gegen die russische zu tauschen. Am Wochenende hatte die Bevölkerung mehrheitlich für einen Anschluss der Krim an Russland gestimmt. Nicht nur ethnische Russen, sondern auch viele ukrainischstämmige Bürger befürworteten die Angliederung. Nach dem Votum hatte Russland seine Militärpräsenz auf der Halbinsel verstärkt. Am Mittwoch übernahmen russische Truppen zwei ukrainische Militärbasen und verschärften damit die Krise.

Für viele Krim-Bewohner ist die Lage klar: "Es ist vorbei. Sie haben das Land zerrissen. Wir müssen darüber nicht mehr nachdenken", sagt Irina, eine Bewohnerin des kleinen Orts Perewalnoje. "Kiew hat uns bereits im Stich gelassen, es gibt keinen Platz für uns in der Ukraine." Dieses Gefühl teilen viele Menschen in Perewalnoje. Die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen, erscheint ihnen alternativlos. Für 200 Rubel (vier Euro) erhalten sie die neuen Ausweise, die garantieren sollen, auf der Krim bleiben zu können. Nach der Antragstellung dauert es den zuständigen Behörden zufolge vier bis sechs Wochen, bis die Pässe abgeholt werden können. Zuerst erhalten Militärangehörige, Polizisten und andere Staatsbedienstete die russische Staatsbürgerschaft.

Experten aus Kiew schätzen, dass zwischen 8000 und 10.000 ukrainische Soldaten auf der Krim im Einsatz sind. Einige wollen sich der russischen Herrschaft unterstellen. Sergej etwa dient seit mehr als 20 Jahren in der ukrainischen Armee. Jetzt will er zu den russischen Truppen wechseln: "Die Ukraine sagt uns nur, dass wir durchhalten sollen. Mehr nicht. Ich habe in der letzten Zeit öfter mit russischen Offizieren gesprochen als mit meinen eigenen Befehlshabern." Gegner der Annexion wollen ihre ukrainische Staatsbürgerschaft hingegen behalten. Während einige planen, trotzdem auf der Krim zu bleiben, sehen viele die Flucht aus der Heimat als einzige Möglichkeit. "Ich verschwinde von hier, sobald das Auto bereit ist", sagt ein Soldat in Perewalnoje. "Ich gehe in die Ukraine. Ich werde nicht darauf warten, dass die Russen meine Familie vertreiben."

Angesichts verschärfter Sanktionen des Westens gegen Russland hat sich Öl am Freitag verteuert. Der Brentpreis kletterte um 0,5 Prozent auf 107,10 Dollar je Fass. Öl der US-Sorte WTI wurde mit 99,29 Dollar je Barrel 0,4 Prozent höher gehandelt. Anleger fürchteten, dass sich die Sanktionen des Westens früher oder später auch gezielt gegen den Energiesektor richten könnten - Russland ist der weltweit zweitgrößte Öl-Exporteur.

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