Saudi-Arabien und die USA Washington in der Zwickmühle

Wegen Menschenrechtsverletzungen steht Saudi-Arabien seit langem in der Kritik. Doch die Saudis haben viel Öl, Geld und Einfluss. Das macht sie zu einem wichtigen Partner. Doch die Beziehungen werden schwieriger.

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Riad nimmt es der US-Regierung übel, dass diese die Vereinbarung mit dem Iran vorangetrieben hat. Quelle: Reuters

Washington/Riad Eigentlich dürften die USA mit einem Land wie Saudi-Arabien gar keine Beziehungen unterhalten – zumindest keine freundschaftlichen. Werte wie Freiheit und Demokratie, für die USA unverrückbare Verfassungsgrundsätze, gelten in Saudi-Arabien wenig bis nichts.

Und dennoch: Das Verhältnis zwischen Washington und Riad ist gut. Und das seit Jahrzehnten. Beide Seiten verbindet eine stabile Partnerschaft, seitdem sich der US-Präsident Franklin D. Roosevelt im Frühjahr 1945 an Bord der USS Quincy im Sues-Kanal erstmals mit dem saudischen Staatsgründer Abdul Asis Ibn Saud traf.

Kritiker werfen den USA sogar Duckmäusertum vor. Lange Zeit war es US-Firmen untersagt, jüdische Mitarbeiter in ihre saudischen Niederlassungen zu schicken. US-Christen durften in dem streng islamisch-konservativen Golfkönigreich nur hinter verschlossenen Türen und versteckt vor der Religionspolizei beten.

Das Verhältnis hängt am Öl und an den Waffen. Die Amerikaner brauchten die Saudis jahrzehntelang als verlässlichen Lieferanten von Rohöl und gut betuchten Abnehmer von Militärwaffen. Der Schutz des Königreiches war Washington 1990 so wichtig, dass die USA nach dem Einmarsch irakischer Soldaten in Kuwait sogar Truppen nach Saudi-Arabien verlegten. Konservative in dem Königreich waren außer sich, als „Ungläubige“ in Uniform das Land betraten, in dem mit Mekka und Medina die für Muslime heiligsten Orte liegen.

Bis heute sieht die US-Regierung in Saudi-Arabien eine stabile geopolitische Komponente in einer Region, in der Unruhe die einzige Konstante ist. Die arabischen Aufstände 2011 schockierten zwar das Königshaus in Riad, gingen aber letztlich zumindest an der Oberfläche ohne größere Erschütterungen an Saudi-Arabien vorbei.

In vielen Konflikten der Region spielt das Land eine einflussreiche Rolle, etwa in Syrien, wo die Saudis die Opposition unterstützen. „Wir sind Saudi-Arabien für seine Führungsrolle dankbar“, sagt John Kirby, Sprecher des US-Außenministeriums.

Auch für Deutschland war das Königreich viele Jahre lang der wichtigste Partner in der Golfregion. Über die Defizite in Sachen Demokratie und Menschenrechte sahen die verschiedenen Bundesregierungen wie die USA großzügig hinweg. Mittlerweile ist aber in Berlin vielen unwohl dabei. Man sieht dies daran, dass die Formulierung, Saudi-Arabien sei ein „strategischer Partner“, nicht mehr zum offiziellen Vokabular gehört.


Warnschuss in Richtung Riad

Man erkennt dies aber auch an den regelmäßigen Debatten über deutsche Rüstungsexporte an die Saudis oder die richtige deutsche Antwort auf die Inhaftierung von Oppositionellen. Die Opposition aus Linken und Grünen fordert gegenüber Riad einen härteren Kurs. Innerhalb der Bundesregierung sind die Meinungen darüber geteilt.

Auch die Regierung in Washington bringt das enge Verhältnis zu Riad immer wieder in die Zwickmühle. „Wir sind besorgt über das Rechtssystem in Saudi-Arabien – das haben wir in der Vergangenheit gesagt und das tun wir weiterhin“, sagt Kirby.

Doch zu einer formellen Verurteilung etwa der jüngsten Massenhinrichtung, der deutlich härteren Wortwahl im Diplomaten-Kauderwelsch, reicht es nicht ganz. Eine Verurteilung der iranischen Reaktion kommt den Außenpolitikern in Washington wesentlich schneller über die Lippen.

Trotzdem ist das Verhältnis zwischen Riad und Washington im vergangenen Jahr schwieriger geworden. Beide sind zwar noch immer gute, aber längst nicht mehr allerbeste Freunde. Dank der eigenen Schieferölproduktion ist die Abhängigkeit der USA von Rohöl aus Saudi-Arabien geringer geworden. Belastet hat das Verhältnis vor allem aber das Atomabkommen mit dem Iran, dem Erzrivalen der Saudis.

Riad nimmt es der US-Regierung übel, dass diese die Vereinbarung mit dem Iran vorangetrieben hat. Das Königreich betrachtet eine Rückkehr Teherans in die internationale Gemeinschaft als direkte Bedrohung für sich. Das Verhältnis zwischen Washington und Riad erreichte im Mai einen Tiefpunkt, als Salman nicht zu einem Gipfeltreffen der Golfführer mit US-Präsident Barack Obama in Camp David erschien. Erst im September reiste der König erstmals nach Washington.

Das Atomabkommen mit dem Iran ist auch ein Warnschuss der USA in Richtung Riad. Mit dem Wegfall von Sanktionen wird der Iran wirtschaftlich erstarken und noch mehr als bisher Konkurrenz zu den Saudis was die Vorrangstellung in der Region angeht. Der iranische Einfluss auf Länder wie Syrien, Jemen und Libanon könnte noch größer werden.

Washington scheint diesem Konkurrenzkampf trotz aller Risiken etwa für den Friedensprozess in Syrien auch etwas Positives abgewinnen zu können. „Wir sind nicht auf der Suche nach einem Schiedsrichter“, heißt es im State Department.

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