Saudi Arabiens König Salman Herrscher der harten Hand

Ein härter Kurs gegen den Iran, Reformen im eigenen Land und der Sohn als Thronfolger: König Salman von Saudi Arabien stellt das sunnitische Land bereits im ersten Amtsjahr auf den Kopf – und scheut dabei kein Risiko.

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Saudi-Arabiens König und Premierminister geht auf Konfrontationskurs mit dem Iran. Quelle: AFP

Riad Nur wenige Stunden nach seiner Thronbesteigung vor einem Jahr kündigte der saudi-arabische König Salman tiefgreifende Veränderungen in der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik sowie der Thronfolgeregelung an. Unverzüglich zog er zwei Söhne seines Vorgängers Königs Abdullah von Gouverneursposten ab und schaffte zwölf Regierungskomitees und -räte ab. Seinen damals 29-jährigen Sohn machte er zum Verteidigungsminister und Führungsmitglied in zwei neuen Ausschüssen zur Sicherheits- und Wirtschaftspolitik.

König Abdullah hatte Saudi-Arabien zehn Jahre lang regiert. Er starb im vergangenen Jahr am 23. Januar im Alter von 90 Jahren. Sein Halbbruder Salman, der Mitte 80 sein soll, folgte ihm noch am selben Tag auf den Thron. Seither verfolgt das Land eine deutlich aggressivere Haltung gegenüber dem langjährigen Erzrivalen Iran: Saudi-Arabien führt eine Militärkoalition zur Bekämpfung von mit dem Iran verbündeten Aufständischen in Jemen an und setzte sich vergeblich gegen das internationale Atomabkommen mit dem Iran ein.

Innenpolitisch nahm Salman Wirtschaftsreformen in Angriff, um die Folgen des Verfalls der Ölpreise abzufedern. Zudem konzentrierte er noch mehr Macht in den Händen seines Sohns, Verteidigungsminister Mohammed bin Salman.

Von den Verbündeten Saudi-Arabiens wurde Salmans Politik öffentlich bislang kaum kritisiert, doch in einer im Dezember vom Bundesnachrichtendienst (BND) veröffentlichten Analyse wurden Sorgen laut. Der König und sein Sohn wollten sich als Anführer der arabischen Welt profilieren, hieß es.

Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie werde durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt. Das Königreich sei bereit, beispiellose militärische, finanzielle und politische Risiken einzugehen. Zudem berge die wirtschafts- und außenpolitische Machtkonzentration in den Händen von Mohammed bin Salman die latente Gefahr, dass andere Königshausmitglieder, die Bevölkerung oder alliierte Staaten der Region mit Unmut reagierten.

In der Regierungspresse wird Salmans Führungsstil dagegen als „entscheidungsfreudig“ beschrieben. Gregory Gause, Leiter des Fachgebiets Internationale Angelegenheiten an der texanischen A&M-Universität, sagt, Salman habe sich als sehr risikofreudig erwiesen. Zwar habe auch Abdullah den Einfluss des überwiegend schiitischen geprägten Irans begrenzen wollen, doch sei es Salman gewesen, der Kampfflugzeuge und Bodentruppen entsandte, um die schiitischen Rebellen zu bekämpfen, die die international anerkannte Regierung Jemens ins Exil gezwungen hatten. In dem Konflikt kamen seit März 5800 Menschen ums Leben, mehr als 80 Prozent der jemenitischen Bevölkerung fehlt es laut Hilfsorganisationen an Nahrungsmitteln und Wasser.


Ölpreisverfall setzt Saudi-Arabien zu

„König Abdullah hatte sich in vielfacher Hinsicht als Vaterfigur darstellen lassen. Das scheint nicht der Wunsch von König Salman zu sein“, sagt Gause. Der König und sein Sohn präsentierten sich vielmehr als harte Kerle.

Innenpolitisch steht Salman vor vielen Herausforderungen. Unter anderem müssen mehr bezahlbare Wohnungen und Arbeitsplätze für junge Menschen geschaffen werden. Wegen des Verfalls der Ölpreise musste Saudi-Arabien öffentliche Subventionen kürzen und die Benzinpreise anheben. Im vergangenen Jahr verbuchte das Land ein Haushaltsdefizit von umgerechnet rund 91 Milliarden Euro, für dieses Jahr werden 80 Milliarden erwartet.

Im Rahmen der Bemühungen, ausländische Investoren zu gewinnen, erwäge das Land, den weltweit größten Ölproduzenten, Saudi Arabian Oil Co., an die Börse zu bringen, erklärte Prinz Mohammed bin Salman in einem Interview der britischen Zeitschrift „The Economist“.

Im sozialen Bereich hatte Abdullah zuletzt Frauen einige Rechte zugebilligt. So durften sie bei den jüngsten Gemeinderatswahlen erstmals wählen und gewählt werden. Doch der Krieg im Jemen lässt Rufe nach demokratischen Reformen laut Aktivisten in den Hintergrund treten.

Die Führung des Landes zeichnet den Krieg als Verteidigung der Sunniten gegen den Iran, der schiitische Milizen im Irak und die Regierung von Baschar al-Assad in Syrien unterstützt, wo Saudi-Arabien sunnitische Aufständische mit Waffen ausrüstet. Die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran sind seit Jahrzehnten gespannt, doch seit Salmans Thronbesteigung wurden die Gräben noch tiefer.

Die Spannungen verschärften sich weiter, als Saudi-Arabien am 2. Januar 47 Menschen hinrichten ließ, unter ihnen der prominente schiitische Geistliche Scheich Nimr al-Nimr. Seine Hinrichtung löste im Iran Demonstrationen aus, eine wütende Menge drang in die saudi-arabische Botschaft in Teheran ein. Riad brach daraufhin die diplomatischen Beziehungen zum Iran ab, mehrere seiner Verbündeten in der Golfregion folgten dem Schritt.

Toby Matthiesen, Autor des Buchs „Sectarian Gulf“, sagt, die saudi-arabische Reaktion spiegele teilweise das sinkende Vertrauen Riads in die USA als strategischem Verbündeten nach deren Wiederannäherung an den Iran. Die Führung „wollte hart erscheinen, ihrer Bevölkerung zeigen, dass sie keinen Dissens duldet“, erklärt Matthiesen. „Sie wollen als Führer der sunnitischen Welt gesehen werden, und sie treiben einen saudischen Nationalismus voran, der auf Arabismus und sunnitischem Islam basiert.“

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