Schulz-Nachfolge Hauen und Stechen in Brüssel

Martin Schulz hat sich nach fünf Jahren an der Spitze des EU-Parlaments zum Wechsel nach Berlin entschlossen. Die Nachfolge ist noch völlig offen. Nun hat ein weiterer Anwärter auf den Posten seine Kandidadur erklärt.

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Der SPD-Politiker wird nach fünf Jahren an der Spitze des EU-Parlaments in die Bundespolitik wechseln. Wer sein Nachfolger wird, ist derzeit völlig offen. Quelle: dpa

Brüssel Die Nachfolge von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ist gut eine Woche vor der Wahl völlig offen. Der frühere belgische Regierungschef Guy Verhofstadt erklärte am Freitag offiziell seine Kandidatur. Doch hat der Chef der kleinen liberalen Fraktion keine eigene Mehrheit, ebenso wenig wie seine mindestens vier Gegenkandidaten, darunter der Christdemokrat Antonio Tajani und der Sozialdemokrat Gianni Pittella - beide aus Italien.

Zu den Spitzenkandidaten der beiden stärksten Fraktionen sagte der Chef der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, der Deutschen Presse-Agentur: „Ich würde mein Geld nicht auf Herrn Tajani setzen, und ich würde mein Geld auch nicht auf Herrn Pittella setzen.“ Die Grünen sprächen derzeit mit Linken, Liberalen und der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR) über Einflussmöglichkeiten. Rechnerisch habe man zusammen mehr Abgeordnete als die Christdemokraten und die Sozialdemokraten jeweils alleine.

Der SPD-Politiker Schulz hatte sich nach fünf Jahren an der Spitze des EU-Parlaments zum Wechsel in die Bundespolitik entschlossen. Eine Kampfabstimmung mit fünf oder mehr Kandidaten am 17. Januar wäre in der jüngeren Parlamentsgeschichte beispiellos - bisher sicherten sich Kandidaten oft durch Bündnisse oder Absprachen Mehrheiten.

Das ist dem liberalen Fraktionschef Verhofstadt bisher aber offenbar nicht gelungen. Zuletzt hatte er um die Unterstützung des Sozialisten Pittella geworben, was dieser aber brüsk abwies. Jede Art von Deal hinter den Kulissen schloss Pittellas Sprecher Jan Bernas aus. Pittella habe die Unterstützung seiner Fraktion, „bis zum Ende des Wahlprozesses im Rennen zu bleiben“.

In den ersten drei Runden der Abstimmung am 17. Januar ist eine absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen nötig, im vierten treten dann nur noch die beiden bestplatzierten Kandidaten gegeneinander an und könnten mit einfacher Mehrheit gewählt werden.

Die Christdemokraten der Europäischen Volkspartei (EVP) beharren als stärkste Fraktion auf ihrem eigenen Kandidaten. Der ehemalige EU-Kommissar Tajani hatte sich vor Weihnachten gegen drei Kontrahenten in den eigenen Reihen durchgesetzt. Zuvor hatte der deutsche Fraktionschef Manfred Weber (CSU) klargestellt, dass er selbst nicht EVP-Kandidat werde. Für die Grünen geht die Britin Jean Lambert ins Rennen, für die Linken die Italienerin Eleonora Forenza.

Bisher hatten Christdemokraten und Sozialdemokraten informell eine große Koalition im Europaparlament gebildet und Schulz 2014 gemeinsam an die Spitze der 750 Abgeordneten gewählt. Über die Neuwahl zur Mitte der Legislaturperiode entzweiten sich die beiden großen Fraktionen jedoch.

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