Schwarzmarkt-Geschäfte Terrormiliz IS wurde radioaktives Material angeboten

Es klingt wie ein Alptraum: radioaktives Material in den Händen von Terroristen. Bei Schwarzmarkt-Geschäften in Moldau wäre es mehrmals fast soweit gekommen. Ermittler rechnen mit weiteren Fällen.

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Sind die Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ womöglich in Besitz von Nuklearmaterial gelangt? Behörden wollen das nicht ausschließen. Quelle: AP

Chrisinau Kriminelle Banden haben Terrorgruppen wie dem sogenannten Islamischen Staat nach Recherchen der Nachrichtenagentur AP in Moldau mehrfach radioaktives Material angeboten. Seit 2010 gelang es den mit der US-Bundespolizei FBI kooperierenden Behörden des Landes in vier Fällen, diese Geschäfte zu verhindern, wie moldauische Ermittler der AP sagten. Ob es Extremistengruppen bei anderer Gelegenheit geglückt ist, radioaktives Material zu kaufen, können die Ermittler aber nicht zweifelsfrei ausschließen.

Terrorgruppen wie der IS und auch Al-Kaida haben ihre Ambitionen mehrfach deutlich gemacht, Massenvernichtungswaffen einsetzen zu wollen. Für die Recherchen hatte die AP Einblicke in Dokumente der moldauischen Polizei und Justizbehörden. Demnach versuchen Banden, die Verbindungen nach Russland haben sollen, Nuklearschmuggler und Käufer vor allem aus dem Nahen Osten zu Geschäften zusammenzubringen. Moldauische Ermittler berichteten, einige der Kriminellen hätten Verbindungen zu der Nachfolgebehörde des sowjetischen Geheimdienstes KGB.

Die Vereinigten Staaten seien von Schmugglern und Käufern in mehreren Fällen als mögliches Ziel bezeichnet worden, hieß es. Die kriminellen Organisationen betrieben ihre Schwarzmarktgeschäfte mit Nuklearmaterial mit Vorliebe in dem kleinen und verarmten Moldau – einer ehemaligen Sowjetrepublik. Weil die Zusammenarbeit zwischen dem Westen und Russland zusammengebrochen sei, sei es viel schwieriger geworden herauszufinden, ob Schmuggler Wege gefunden hätten, Teile des riesigen Vorrats russischem Atommaterials zu verschieben.

Der jüngste Fall liegt erst acht Monate zurück, wie es hieß. Im Februar bot ein Schmuggler demnach eine große Menge hoch radioaktives Cäsium an, mit dem mehrere Wohnblöcke einer Stadt hätten verseucht werden können. Er suchte dabei explizit nach einem Käufer des IS. 2011 wollte ein Mann den Angaben zufolge bombenfähiges Uran an einen Sudanesen verkaufen. Zuvor habe er seinen Hass auf die USA geäußert, hieß es.


„Wir können noch mehr von diesen Fällen erwarten“

Zwar habe es erfolgreiche Razzien gegen Verdächtige gegeben, allerdings sei ihre Wirkung durch Fehler untergraben worden, berichteten Ermittler. So konnten die Hauptverantwortlichen entkommen, Festgenommene bekamen nur kurze Haftstrafen, wodurch sie schnell in den Nuklearschmuggel zurückkehren konnten, wie die AP herausfand.

Pessimistisch äußerte sich auch Ermittler Constantin Malic, der an den Untersuchungen zu allen vier bekannten Vorfällen beteiligt war. „Wir können noch mehr von diesen Fällen erwarten“, sagte er. „Solange die Schmuggler denken, dass sie großes Geld machen können, ohne geschnappt zu werden, werden sie dies tun.“

Aufzeichnungen, auf Video aufgenommene Festnahmen, Bilder von bombenfähigem Material, Dokumente und Interviews zeigen, dass der Kampf gegen den Schmuggel lückenhaft ist. Bei allen Vorfällen lässt sich ein Muster erkennen: Die Behörden ergriffen Verdächtige in frühen Stadien eines erwarteten Geschäfts und gaben den Drahtziehern so die Gelegenheit zur Flucht mitsamt ihrer nuklearen Ware.

Besorgt äußern sich auch Experten. „Im Zeitalter des Islamischen Staats ist es besonders erschreckend, dass es reale Schmuggler von nuklearem Material für Bomben gibt, die offenbar in Verbindung mit realen Käufern treten“, sagte Matthew Bunn, ein Havard-Professor, der vor Jahren für die Clinton-Regierung eine Geheimstudie über die Sicherheit des russischen Atomarsenals angefertigt hatte.

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