Schwierige Regierungsbildung Spaniens Wahlsieger könnte sich verrechnet haben

Spaniens Sozialisten wollen dem konservativen Wahlsieger Mariano Rajoy nicht zur Regierungsbildung verhelfen. Bleiben sie bei ihrem Nein, drohen dem Land die dritten Wahlen in einem Jahr. Doch noch wird heftig taktiert.

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Der Wahlsieger hat in den vergangenen zwei Wochen seine liebste Taktik angewendet – und abgewartet. Quelle: dpa

Madrid Dieses Mal könnte Mariano Rajoy sich verrechnet haben: Als er aus den Neuwahlen Ende Juni erneut als Sieger und mit mehr Stimmen als bei der ersten Wahl hervorging, war sich der Konservative sicher, dass er nun die nötige Regierungsmehrheit zusammen bekommen würde.

Rajoy ging davon aus, dass die Sozialisten ihm die nötigen Stimmen geben würden, um dritten Wahlen in Spanien zu verhindern. Dem geschäftsführenden Premier der Partido Popular (PP) schwebte eine große Koalition nach deutschem Vorbild vor.

Doch die Sozialisten (PSOE) machten gestern einen Strich durch diese Rechnung: Sie würden weder koalieren, noch die Konservativen anderweitig unterstützen, sondern gegen die Amtseinsetzung von Rajoy stimmen, erklärte Sozialistenchef Pedro Sánchez nach einem Treffen seiner Parteiführung.

„Rajoy kann nicht mit unserer Unterstützung rechnen“, sagte Sánchez am Samstag. Die Spanier sehen in uns die Alternative zur PP und die Alternative kann nicht gleichzeitig die Lösung für die PP sein.“ Damit drohen Spanien die dritten Wahlen innerhalb von einem Jahr, denn ohne die Stimmen der Sozialisten reicht es Rajoy nicht für eine Mehrheit.

Die Frage ist allerdings, wie lange dieses Nein Bestand haben wird. Führende Sozialisten betonen, dritte Wahlen wären eine Katastrophe für das Land. Deshalb bleibt zu hoffen, dass ihre aktuelle Ablehnung nicht in Stein gemeißelt ist. Denn sie beruht zu einem großen Teil auch auf Zorn darüber, wie Rajoy sich seit den Neuwahlen verhalten hat. „Ich fordere Rajoy auf, dass er tatsächlich anfängt zu arbeiten und seiner Verantwortung gerecht wird“, forderte Sánchez etwa.


Der Wahlsieger wartet ab

Der Wahlsieger hat in den vergangenen zwei Wochen seine liebste Taktik angewendet – und abgewartet. Das Kalkül war offenbar, damit den Druck auf die Sozialisten zu erhöhen. Erst am kommenden Dienstag trifft sich Rajoy mit dem Chef der viertstärksten Partei, den liberalen Ciudadanos. Beide liegen ideologisch nicht weit auseinander und zusammen würden ihnen nur sechs Sitze zur Mehrheit fehlen.

Sollten sich die beiden einig werden, ist gut denkbar, dass sich genügend PSOE-Abgeordneten finden, die eine liberal-konservative Regierung unterstützen, um erneute Wahlen zu vermeiden. Doch Ciudadanos wird Bedingungen stellen.

Deren Chef Albert Rivera ist zwar von seiner Forderung abgerückt, auf keinen Fall Rajoy an der Spitze zu unterstützen – er gibt ihm die Verantwortung für die zahlreichen Korruptionsskandale PP. Rivera will aber zumindest inhaltliche für eine Erneuerung Spaniens kämpfen.

Im Wahlkampf hat er zehn Forderungen gestellt, die in den ersten 100 Tagen der Regierung umgesetzt werden sollten. Einige der Punkte dürften dabei nur schwer mit der PP zu verhandeln sein: So will Rivera 2,8 Milliarden Euro aus der Steueramnestie einfordern, die Rajoy in der Krise im Jahr 2012 mit viel Milde erlassen hat, sowie alle Kreistage abschaffen, um Geld zu sparen. Die Verhandlungen dürften schwierig und spannend werden.

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