Seehofer bei Putin „Das Fenster wird kleiner“

Horst Seehofer hat sich in Moskau mit Wladimir Putin getroffen. Im Gegensatz zu seinem umstrittenen Vorjahresbesuch versuchte der bayerische Ministerpräsident diesmal nicht, sich gegen die Kanzlerin zu positionieren.

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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer zu Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin. Quelle: dpa

Moskau Es wurde ein langer Abend für Horst Seehofer: Eineinhalb Stunden ließ Wladimir Putin ihn im Edelhotel Ritz Carlton warten, während der Kremlchef im gleichen Haus vor dem russischen Unternehmer- und Industriellenverband redete, unter anderem auch – im geschlossenen Teil der Veranstaltung – über die aktuellen Entwicklungen in der Ostukraine. Und so wurde aus dem Nachmittagstermin ein Abendgespräch.

Um den Donbass ging es aber auch beim Empfang im Kreml. „Es war ein sehr klares, intensives und ernsthaftes Gespräch, wie man es selten erlebt“, sagte Seehofer später auf der Pressekonferenz dazu. Putin habe ihm versichert, „ohne Wenn und Aber“ zum Minsker Abkommen zu stehen. Dessen Umsetzung sei auch sein Ziel, um die Sanktionen zu überwinden. Minsk sei aber ein Abkommen, „das zwei Verpflichtete hat“, fügte Seehofer auf Anfrage hinzu.

Ansonsten erlebten die Journalisten bei der Pressekonferenz allerdings einen relativ sprachlosen Politiker. Konkret wollte er weder Putins Sichtweise des Verhältnisses zu Deutschland und den USA, noch dessen Haltung zum Vorwurf der Einmischung in den deutschen Wahlkampf wiedergeben. Er habe nicht vergessen, wie ihm vor einem Jahr bei seinem vorherigen Moskau-Besuch das Wort verdreht und ihm unterstellt worden sei, Putin als „nobel“ bezeichnet zu haben, klagte Seehofer. Deswegen sei er nun vorsichtiger mit seinen Aussagen.

Erst nachdem die Mikros ausgeschaltet waren, wurde der 67-Jährige etwas gesprächiger und gestand die Schwierigkeiten und Differenzen bei der Lösung der Donbass-Frage ein. „Das Fenster ist kleiner geworden“, habe ihm Putin gesagt, ließ Seehofer die Journalisten wissen.

Die Abspaltung des Donbass-Gebiets von der Ukraine beschleunigt sich in den letzten Wochen. Nach der Blockade der Rebellengebiete durch ukrainische Nationalisten ist die Umorientierung dort auf Russland im vollen Gang: War vorher schon der Rubel zur Leitwährung geworden, so wurden nun Betriebe quasi „nationalisiert“ und es sollen auch schon die ersten Kohlelieferungen nach Russland gegangen sein. Inoffiziellen Meldungen zufolge hat Vizepremier Dmitri Kosak mehrere Stahlbarone einbestellt, um ihnen die Lieferungen von Erzen an die Eisenhütten der Separatisten vorzuschlagen. Von Separatisten ausgestellte Pässe werden jetzt in Russland ebenfalls anerkannt.

Die Bundesregierung hatte sich am Mittwoch „ernsthaft beunruhigt über fortschreitende Abspaltungstendenzen“ in den Separatistengebieten geäußert. Seehofer sprach, ohne die Details zu nennen, von einer schwierigen Situation, von der er hoffe, dass sie trotzdem durch ein neues Treffen im Normandie-Format gelöst werden könne.

Im Gegensatz zu seinem umstrittenen Vorjahresbesuch versuchte er diesmal nicht, sich in Moskau gegen die Kanzlerin zu positionieren. Vielmehr betonte er die wirtschaftliche Komponente seines Besuchs und kündigte die Unterzeichnung von Wirtschaftsabkommen am Freitag an. Dann will sich Seehofer mit Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin und Moskaus Oberbürgermeister Sergej Sobjanin treffen. Für Bayern ist Russland trotz der jüngsten Beziehungskrise ein wichtiger Wirtschaftspartner. Das Handelsvolumen 2016 betrug 7,62 Milliarden Euro.

Doch Seehofer ist diesmal auch als Vorhut der Kanzlerin in Moskau. Bei seinem Besuch kündigte er im Kreml die Visite Angela Merkels an. „Wir erwarten Frau Merkel am 2. Mai zu Besuch“, entgegnete Putin ihm und bat Seehofer, der Kanzlerin „die besten Wünsche“ zu übermitteln.

Merkel war das letzte Mal im Mai 2015 in Moskau. Sie blieb zwar der Militärparade zum „Tag des Sieges“ fern, legte aber einen Tag später einen Kranz zum Gedenken an die sowjetischen Opfer des Zweiten Weltkriegs nieder.

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