Selahattin Demirtas Türkische Justiz ermittelt gegen Kurdenführer

Wegen seiner Forderungen nach Autonomie für Kurden ist der Chef der pro-kurdischen HDP-Partei ins Visier der türkischen Justiz geraten. Auch für die HDP hat das Konsequenzen.

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Selahattin Demirtas Quelle: AP

Die türkische Justiz hat nach einem Bericht der türkischen Nachrichtenagentur Dogan Ermittlungen gegen den Chef der pro-kurdischen HDP-Partei, Selahattin Demirtas, eingeleitet. Anlass dafür seien angebliche Forderungen Demirtas' nach einer kurdischen Selbstverwaltung, berichtete die Agentur. Demirtas habe damit gegen die Verfassung verstoßen. Die Behörde war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Der Schritt dürfte die Spannungen zwischen der Regierung in Ankara und den oppositionellen Kurden verschärfen. Bei Militäraktionen gegen kurdische Rebellen starben allein in den vergangenen beiden Wochen mehr als 200 Menschen. Nach Angaben der Regierung handelt es sich bei den Toten um Aufständische.

Demirtas sagte jedoch, auch Zivilisten seien ums Leben gekommen. Der ehemalige Anwalt hatte am Wochenende an einem zweitägigen Treffen kurdischer Organisationen in Diyarbakir teilgenommen, bei dem mehr Eigenständigkeit auf lokaler Ebene verlangt wurde.

Demirtas sagte am Samstag, im kommenden Jahrhundert werde Kurdistan eine Realität werden. Dabei könnte es sich auch um einen eigenständigen Staat handeln. "Das kurdische Volk wird selbst entscheiden, wie es dort leben will. Der Rest wird das akzeptieren."

Nach dem Treffen leitete die örtliche Staatsanwaltschaft nach Informationen aus Behördenkreisen Ermittlungen ein. Die Regierung in Ankara lehnt eine Eigenständigkeit der Kurden strikt ab. Erst am Samstag hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigt, die Türkei werde die Gründung eines weiteren Staats innerhalb ihrer Grenzen nicht dulden. Demirtas genießt als Parlamentsangehöriger Immunität. Er könnte jedoch schon jetzt verurteilt werden, wenn der Vollzug der Strafe aufgeschoben wird.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte unterdessen, wegen der "unangemessenen Äußerungen" werde die HDP von Verhandlungen über eine neue Verfassung für die Türkei ausgeschlossen. Details nannte er nicht. Die regierende AKP strebt einen Umbau der Verfassung hin zu einem Präsidialsystem an. Dazu würden nun Gespräche mit den anderen Oppositionsparteien gestartet, sagte Davutoglu. Die Spannungen zwischen der Türkei und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK hatten sich nach dem Ende eines Waffenstillstands im Sommer verschärft.

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