Serdar Somuncu

Wann beginnt die Revolution der klügeren Gedanken?

Von Donald Trump geschockt sein reicht nicht. Ich warte auf den Aufschrei derer, denen noch nicht alles egal ist.

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Serdar Somuncu ist Kabarettist und Buchautor. Quelle: Laif

Goldene Zeiten für Demagogen und Apologeten. US-Präsident Donald Trump poltert „America first!“, der AfD-Rechtsaußen Bernd Höcke holpert vom deutschen Stolz zur „nationalen Schande“, Frauke Petry, Marine Le Pen und Geert Wilders stolpern an den Rand des immer einfacher zu entfachenden Simplizissimus rechtextremen Furors. Und was macht der Rest der vornehmen und aufgeklärten Gesellschaft? Abwarten, mahnen und ignorieren.

Dabei wäre jetzt die beste Zeit für eine Revolution der klügeren und besseren Gedanken und ein Umdenken aus der Mitte der rationalen Abwägung heraus. Stattdessen: kein Aufstand der Anständigen, wie er seinerzeit mehr oder weniger erfolglos vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder gefordert wurde.

Keine Kirche, die ihre moralischen Werte gegen den Angriff der Plumpheit in Schutz nimmt. Und kein Zusammenschluss von Intellektuellen und Industriellen, um die Grundfesten unserer aufgeschlossenen und diversifizierten Gemeinschaft zu verteidigen.

Wo bleibt jetzt der Aufschrei?

Donald Trump und seine „große, schöne Mauer“

So wie ihr es vorhabt, liebe Populisten und Wortverdreher, wird es nicht laufen! Auch, wenn ihr euch im Aufwind eurer absurden Theorien und Forderungen glaubt und behauptet, damit die schweigende Mehrheit zu repräsentieren, habt ihr die Rechnung ohne diejenigen gemacht, die eurer xenophoben Angstmache vor Terror und Islamismus nicht auf den Leim gehen und mit einem besonnenen Auge auf die sich verändernden Gegebenheiten unserer Zeit blicken können.

Denn wer eine Mauer zwischen Mexiko und den USA bauen will, der spricht nur den Einfältigen nach dem Mund. Der verschweigt vor allem aber auch, dass die Zahl der auswandernden Mexikaner aus den USA seit Jahren schon höher ist als die der einwandernden. Wer behauptet, Terror sei eine Spezialität aus fremden Kulturkreisen, der verschweigt, dass die Mehrzahl der Anschläge der letzten Jahre von hier aufgewachsenen und fanatisierten Migranten begangen wurden und vielmehr das Resultat einer fehlgeleiteten Integrationspolitik darstellen als das eines unkalkulierbaren Risikos eines immer aggressiver werdenden Islams.

Trumps Amerika: Die Pläne des neuen US-Präsidenten

Zumal der Zahl der Opfer von islamistischen Gewalttaten immer noch eine beträchtlich höhere Anzahl rechtsradikaler Anschläge entgegensteht. Wer von Lügenpresse und Fake News spricht, der vertuscht seine eigenen Ideen von nationalstaatlichem Alleinherrschaftsanspruch und chauvinistischer Arroganz. Und wer schließlich die Vorteile der Globalisierung für sich nutzt, der kann ihre Auswirkungen nicht ignorieren und verteufeln.

In diese nahtlos ineinander übergehenden Schnittstellen zwischen den Argumenten müsste man jetzt eigentlich einsteigen, um den Diskurs über eine Welt der Zukunft anzukurbeln, die wir uns besser und gerechter vorstellen.

Eine Welt, in der nicht die Verschärfung der Verhältnisse zur ultimativen Antwort auf unsere diffusen Ängste wird, sondern eine Welt, in der wieder humanistische Ethik zur zentralen Kraft im Kampf gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung wird.

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